Compassionate Use und andere Managed Access-Konzepte

    

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Einführung

Compassionate Use und verwandte Managed Access-Konzepte sind für die Autoren dieser Publikation der Inbegriff der Patientenzentrierung. Hier kann Ihre Freigabeentscheidung als QP in direktem Zusammenhang mit dem Schicksal eines bestimmten Patienten stehen. Möglicherweise wird Ihnen die Krankenakte eines echten Patienten (natürlich anonymisiert) vorgelegt, die nicht nur eine Krankheit, sondern auch eine tragische Lebensgeschichte beschreibt. Ihre Freigabeentscheidung als QP kann für diesen Patienten den entscheidenden Unterschied ausmachen.

Gemäß der Verordnung 726/2004, Artikel 831 bedeutet Compassionate Use, dass nicht zugelassene Arzneimittel einer Gruppe von Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer lebensbedrohlichen, chronischen oder zu schwerer Invalidität führenden Krankheit leiden, die anderweitig nicht angemessen behandelt werden kann. Für das Arzneimittel muss eine Zulassung beantragt worden sein oder es muss sich in klinischen Prüfungen befinden.

Die Rechtsgrundlage für Compassionate Use ist eine Verordnung der Europäischen Kommission, und dementsprechend sollte die Erwartung sein, dass diese in jedem Mitgliedsstaat direkt rechtlich umgesetzt worden ist. Überraschenderweise hat die Gesetzgebung in den einzelnen Mitgliedsstaaten, abgesehen von der Rechtsgrundlage in 726/2004, wenig gemeinsam.

Tatsächlich weisen diese nationalen gesetzlichen Anforderungen eine immense Vielfalt und widersprüchliche Qualitäten auf. Wenig hilfreich ist außerdem, dass viele von ihnen nur in der jeweiligen Landessprache verfügbar sind. Das macht die Compassionate Use-Regelungslandschaft recht schwierig zu handhaben. Besonders gilt dies für Qualified Persons, die laut Annex 162 verpflichtet sind, "die Einhaltung der ... Anforderungen des ... Bestimmungslandes zu bescheinigen" (im Original: "certifying … compliance with the … requirements of the … destination country") und per Definition persönlich für diese Einhaltung haften. Die Aufgabe der QP ist, diese nationalen Anforderungen bei der Freigabe von Compassionate Use-Arzneimitteln zu befolgen, obwohl diese Anforderungen zur Freigabe alles andere als transparent sind. Dabei ist sich die QP bewusst, dass gerade diese freizugebenden Arzneimittel von den betroffenen Patienten am dringlichsten benötigt werden. In diesem Spannungsfeld gibt bisher keinen Leitfaden, nur wenige hilfreiche Publikationen und nicht viele Fachexperten.

Deshalb beschloss die IMP Working Group der EQPA, eine Task Force ins Leben zu rufen, die ein zusammenfassendes Dokument der QP-Freigabeanforderungen für Compassionate Use-Arzneimittel erstellt. Diese Gruppe von 15-20 QPs aus mehreren europäischen Unternehmen hat mit großem Aufwand solche Freigabeanforderungen zusammengestellt. Diese Zusammenfassung wurde während des QP Forums am 25. November 2020 vorgestellt, und die erste Version der QP Release Requirement Summary wurde im Februar 2021 auf der Webseite3 der European QP Association veröffentlicht.

Zu den ersten Beobachtungen der Task Force gehörten die zahlreichen Namen von Konzepten, die ähnlich, aber nicht identisch mit Compassionate Use wie oben definiert sind. Um den Unterschieden in den Definitionen Rechnung zu tragen, beschloss die Task Force, den Begriff "Managed Access" als generische Klammer für alle derartigen Konzepte zu verwenden und "Compassionate Use" immer dann, wenn ein Programm für eine Gruppe von Patienten angesprochen wird. Eine Zusammenfassung der recht komplexen Nomenklatur findet sich in der Übersicht zur Nomenklatur weiter unten.

Die ersten beiden Bezeichnungen, Compassionate Use und Named Patient Use, definieren zwei generische Konzepte. Compassionate Use ist für eine Gruppe von Patienten gedacht, die durch eine lebensbedrohliche Krankheit definiert ist, d. h. diese Patienten sind zu dem Zeitpunkt, an dem ein solches Compassionate Use-Programm initiiert wird, nicht vordefiniert. Compassionate Use-Programme werden üblicherweise vom Pharmaunternehmen beantragt.

Im Gegensatz dazu ist Named Patient Use tatsächlich für bestimmte Patienten gedacht, deren anonymisierte Angaben (Initialen, Geschlecht, Geburtsdatum) Teil der Dokumente sind, die den Behörden bei der Antragstellung vorgelegt werden. Die Beantragung erfolgt in der Regel durch den behandelnden Arzt (falls eine solche erforderlich ist).

Die heutige Anforderungsübersicht umfasst 40 Managed Access- Konzepte aus 28 EU/EWR-Ländern plus Großbritannien. Diese Liste ist als lebendes Dokument gedacht, zu dem in Zukunft weitere Konzepte hinzugefügt werden sollen.

Qualitätsrahmen

Die Durchführung der verschiedenen Managed Access-Programme erfordert ein bestehendes Compliance- und Qualitätsmanagementsystem, welches sicherstellt, dass neben den QP-Verantwortlichkeiten auch andere Verpflichtungen erfüllt werden. Diese Verpflichtungen liegen normalerweise in den Medical- oder Regulatory Affairs-Funktionen des Unternehmens, also außerhalb des Aufgabenbereichs einer QP. Dennoch kann eine QP die Arzneimittel nicht zur Anwendung zertifizieren, wenn diese anderen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

In Anbetracht der sehr spezifischen und unterschiedlichen rechtlichen/regulatorischen Ansätze auf Länderebene ist es sehr wichtig, dass andere Abteilungen ihre Verantwortlichkeiten ebenso sorgfältig wahrnehmen wie die QP, da die QP auf einen systematischen Ansatz zur Einhaltung aller Anforderungen angewiesen ist.

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Es wird empfohlen, eine regelmäßige Selbstinspektion dieses spezifischen Teils der Einhaltung von Vorschriften und des Qualitätsmanagementsystems durchzuführen.

Die Rahmenbedingungen dieser Form der Arzneimittelversorgung unterscheiden sich stark von anderen Versorgungsmöglichkeiten (vermarktete Produkte, Prüfpräparate). Daher besteht ohne zusätzliche spezielle Maßnahmen ein ernsthaftes Compliance-Risiko.

Änderungen im regulatorischen Umfeld, die wahrscheinlich eher länderspezifisch als europaweit auftreten, müssen ebenfalls überwacht und angemessen im Qualitätsmanagementsystem umgesetzt werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den nationalen Firmengesellschaften und den Verantwortlichen in Medical und Regulatory.

Die folgenden Fragen müssen durch das Qualitätsmanagementsystem übergreifend geregelt werden:

  • die Entscheidung eines Pharmaunternehmens, ein Managed Access Programm durchzuführen (falls zutreffend),
  • die Bewertung der formellen Anfrage eines Arztes an das Pharmaunternehmen, einen bestimmten Patienten unter seiner Verantwortung zu behandeln,
  • die Entscheidung des Pharmaunternehmens, die Behandlung eines solchen Patienten zu unterstützen,
  • die Bewertung, dass ein medizinischer Zustand lebensbedrohlich oder chronisch ist oder zu schwerer Invalidität führt,
  • dass der Patient nicht mit einem zugelassenen Produkt oder in einer klinischen Studie behandelt werden kann,
  • dass ein positives Risiko-Nutzen-Verhältnis für die Behandlung des Patienten besteht,
  • dass eine solche Behandlung in einem Vertrag zwischen dem jeweiligen Arzt und dem Pharmaunternehmen geregelt ist,
  • dass die Patienten ein für ein nicht zugelassenes Produkt angemessenes Verfahren zur Patientenaufklärung und Einwilligung durchlaufen,
  • dass eine solche Behandlung durch eine Art von Protokoll abgedeckt ist (soweit zutreffend),
  • dass die Behandlung jedes Patienten mit den jeweiligen Einreichungen und/oder Genehmigungen übereinstimmt (sofern zutreffend),
  • dass andere regulatorischen Anforderungen eingehalten werden, z. B. bezüglich des Vertriebsweges, oder dass Arzneimittel kostenlos zur Verfügung gestellt werden4,
  • dass ein Risikomanagement- und Pharmakovigilanzsystem vorhanden und für solche Behandlungsoptionen angemessen ist,
  • dass alle Meldepflichten (z. B. zu Arzneimittelsicherheit, Änderungen an eingereichten Informationen, Beendigung des Programms) vorschriftsmäßig erfüllt werden und
  • dass die geltenden Datenschutzbestimmungen eingehalten werden.

Ein zweistufiger Freigabeprozess (in Anlehnung an das Konzept des IMP-Freigabeprozesses) kann ein möglicher Weg sein, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen erfüllt sind, bevor das Arzneimittel zur Verwendung versendet wird:

Schritt 1: Zertifizierung des Arzneimittels durch die QP.

Schritt 2: Bestätigung, dass alle anderen Anforderungen für die spezifischen Managed Access-Programme erfüllt sind (z. B. Einreichung bei HA, Ethikkommission, Überprüfung der Genehmigungen).

Dieser Schritt ähnelt der "Sponsorenfreigabe" für Prüfpräparate, berücksichtigt aber die spezifischen Anforderungen der Managed Access Gesetzgebung in dem/den jeweiligen Land/ Ländern.

Ein Checklisten-Ansatz in Abhängigkeit vom Managed Access- Typ kann hilfreich sein, um die Ausführung dieses Schrittes zu erleichtern.

Regulatorische Unterschiede

Um Sie mit dem regulatorischen Rahmen für Managed Access vertraut zu machen, werden wir Fragen stellen - und beantworten -, die wir zur Charakterisierung der verschiedenen Konzepte für sinnvoll erachtet haben. Die grafischen Darstellungen basieren auf der oben erwähnten Anforderungsübersicht auf der EQPA-Homepage3. Wenn wir uns auf Länder beziehen, meinen wir EU, EWR und UK.

Benötigen Sie eine spezielle MIA, um Managed Access- Arzneimittel freizugeben?

In den meisten Ländern deckt die für IMPs erteilte Herstellungserlaubnis die Herstellungs- und Freigabetätigkeiten für Arzneimittel ab, die im Rahmen eines Managed Access Bereitgestellt werden. Es ist keine spezielle Genehmigung zu beantragen.

In einigen Ländern sind jedoch besondere Anforderungen definiert:

  • Die lettische Regelung (§94.2 der Kabinettsverordnung Nr. 416) definiert eine spezielle Lizenz, die zu beantragen ist.
  • In Dänemark muss Managed Access in der MIA für Handelsprodukte anstelle in der MIA für Prüfpräparate angegeben werden.
  • In Großbritannien ist die "Specials"-Lizenz des Herstellers für die Herstellung/Freigabe von nicht zugelassenen Arzneimitteln für den "Named Patient Use" erforderlich. Für das "Early Access to Medicines"-Programm ist uns bekannt, dass die MHRA eine "Specials"- oder IMP-Lizenz akzeptiert, und angesichts des Status dieser Programme würden wir erwarten, dass auch eine kommerzielle Lizenz zulässig ist.
  • In Irland und Island hingegen erfolgt der Import auf der Grundlage einer Großhandelserlaubnis und nicht auf der Grundlage einer MIA.

Darüber hinaus können die lokalen Gesundheitsbehörden ihre eigene Interpretation der nationalen Regelung haben - z. B. sind in Deutschland die Erwartungen der verschiedenen föderalen Arzneimittelaufsichtsbehörden unterschiedlich: Einige betrachten die Freigabetätigkeit als durch die MIAs für IMPs abgedeckt. Andere erwarten eine formelle Benachrichtigung über die Aufnahme von Managed Access-Freigabetätigkeiten. Wieder andere formalisieren den erweiterten Anwendungsbereich in der MIA für IMPs in einem ergänzenden Kommentar.

Ist eine QP-Freigabe erforderlich?

Artikel 5 der Richtlinie 2001/83/EG schließt die individuelle Versorgung von Patienten von den Bestimmungen der Richtlinie aus. Ebenso schließt Artikel 83 der Verordnung 726/2004 die Versorgung mit Compassionate-Arzneimitteln von den Bestimmungen für kommerzielle Arzneimittel aus. Darüber hinaus übertragen sowohl die Verordnung als auch die Richtlinie den einzelnen Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Regulierung dieser Konzepte, was sie, wie an anderer Stelle in diesem Papier beschrieben, uneinheitlich tun. Es gibt keine europaweit harmonisierte Anforderung für die QP-Freigabe dieser Produkte. Und da nicht alle Länder die Einreichung von CMCDaten verlangen, ist eine "Standard"-Zertifizierung, die einen Abgleich mit dem Zulassungsantrag oder der CTA verlangt, eigentlich nicht möglich.

Die Umfrage ergab jedoch, dass die meisten Mitgliedstaaten entweder eine QP-Freigabe für Produkte, die im Rahmen des Managed Access bereitgestellt werden, vorschreiben oder dass dies zumindest so verstanden wird. Laut unserer Anforderungsübersicht3 waren die Vorgaben zur QP-Freigabe innerhalb desselben Landes für unterschiedliche Managed Access- Konzepte immer konsistent. Dies kann aber auch nur die Unternehmenspraxis und das Fehlen einer klar definierten Regelung widerspiegeln.

Die folgenden Ausnahmen wurden identifiziert:

  • Die irische Verordnung besagt, dass das Produkt, wenn es eine EU-Zulassung hat, von einem Großhändler importiert werden kann.
  • Die polnische Gesetzgebung definiert, dass, wenn das Produkt eine EU-Zulassung hat, keine "weitere" QP-Zertifizierung erforderlich ist.
  • Der griechische Ministerialbeschluss schreibt die QP-Freigabe nicht explizit vor, dies ergibt sich aber aus der Tatsache, dass für diese Kategorie von Arzneimitteln eine IMPHerstellungserlaubnis erforderlich ist.
  • In Großbritannien ist für individuelle Patientenbehandlungen keine Zertifizierung durch eine QP erforderlich (im Rahmen der "Specials"-Lizenz, da QPs auf solchen Lizenzen nicht genannt sind). Die MHRA Guidance Note 14 besagt jedoch, dass eine QP-Freigabe vor dem Export außerhalb der EU/EWR5 erforderlich ist. Im Rahmen des erst kürzlich eingeführten "Early Access to Medicines Scheme" ist ein Dossier erforderlich, das mindestens so detailliert ist wie ein IMPD, und es ist möglich, die Freigabe unter einer "Specials"-Lizenz (d. h. ohne QP) durchzuführen, obwohl die MHRA eine QP-Deklaration für den Wirkstoff verlangt hat!

Generell gilt: Wenn die Mitgliedstaaten die Versorgung im Rahmen einer Fortsetzung einer klinischen Studie zulassen, wird natürlich eine QP-Zertifizierung erforderlich sein.

Einreichung und Genehmigung

Ist eine Einreichung oder Genehmigung erforderlich?

Bei den meisten Managed Access-Konzepten gibt es eine Art Austausch mit einer Behörde, und es ist eine Art Einreichung oder Genehmigung erforderlich.

Laut unserer kürzlich veröffentlichten Anforderungsübersicht3 gibt es die folgenden Arten von Interaktion:
Die überwiegende Mehrheit - 75 % - dieser Konzepte erfordert eine ausdrückliche Genehmigung.
Es gibt andere Fälle, bei denen eine Benachrichtigung ausreicht, oder eine Empfangsbestätigung erfolgt.

Und es gibt weiterhin Konzepte, in denen überhaupt kein Behördenkontakt vorgesehen ist.

Welche Behörden genehmigen Managed Access-Programme?

In den meisten Fällen (93 %) wird die Genehmigung von einer nationalen Gesundheitsbehörde erteilt. In etwa 20 % muss eine Ethikkommission beteiligt werden.

(Anmerkung: Balkendiagramm wird verwendet, da mehr als eine Antwort möglich ist).

Wer beantragt ein Managed Access-Programm?

In der Mehrzahl der Fälle wird das Pharmaunternehmen einen Antrag bei den Behörden einreichen. Dies ist typisch für Compassionate Use-Programme. Bei Named Patient Use ist es oft der Arzt, der den Antrag stellt und letztlich für die Behandlung verantwortlich ist.

Was wird eigentlich genehmigt?

Während es sich bei der Mehrzahl der Managed Access-Konzepte um Programme, üblicherweise für eine Gruppe von Patienten, handelt, gibt es eine ähnliche Anzahl von Konzepten, bei denen sich die Genehmigung auf einen einzelnen Patienten bezieht (Named Patient Use).

Genehmigungen können weitere Einschränkungen enthalten: Häufig beziehen sich diese auf ein einzelnes Krankenhaus oder auf einen einzelnen Arzt.

In den Fällen, in denen sich die Genehmigungen auf einen Import oder eine bestimmte Menge eines Produkts beziehen, wird häufig der Begriff "Importlizenz" verwendet. Es ist zu beachten, dass in diesem Fall und im Gegensatz zur Idee des freien Warenverkehrs, der Import den Transfer zwischen EU-Mitgliedsstaaten beinhaltet. Eine solche Importlizenz bezieht sich häufig (nicht immer) auf eine einzelne Sendung.

Was sind die Überprüfungsfristen für einen Managed Access-Antrag?

Es überrascht nicht, dass die angegebenen Überprüfungszeiträume die gleiche Verteilung aufweisen wie alles andere in diesem Bereich. Die Verteilung der angegebenen Überprüfungszeiträume war:

Ohne die Antworten "undefiniert", "N/A - keine Einreichung erforderlich", "kann länger dauern als definiert" oder "kann viel schneller sein, wenn es dringend ist", reicht die Verteilung der angegebenen Überprüfungsfristen von 1 Tag bis 60 Tage mit einem Median von 30 Tagen.

Mehrere Behörden setzen kurze behördliche Überprüfungsfristen fest, die der Behandlung von Patienten mit lebensbedrohlichen oder zu schwerer Invalidität führenden Krankheiten, die anders nicht adäquat behandelt werden können, angemessen sind.

Es gibt jedoch auch andere Behörden, bei denen die Überprüfungsfrist unter den genannten Bedingungen recht lang ist.

Sind CMC-Daten zu hinterlegen?

In ungefähr 40 % der Antworten wurde angegeben, dass keine Einreichung erfolgt oder keine CMC-Daten eingereicht werden. In den meisten anderen Fällen können die CMC-Daten auf verschiedene Arten eingereicht werden, durch ein IMPD oder durch einen Querverweis auf eine klinische Studie oder ein MAA. Obwohl einige Informationen darüber, welche spezifischen Abschnitte erforderlich sind, in den Antwortkommentaren enthalten sind, hätte eine detaillierte Auflistung der einzelnen Anforderungen den Rahmen dieser Umfrage gesprengt. Wir raten Ihren Kollegen, die für die Einreichung verantwortlich sind, lokale Expertise einzuholen, entweder bei den lokalen Regulatory Affairs-Kollegen oder in den veröffentlichten Leitlinien der Gesundheitsbehörde, sofern vorhanden. Da die lokalen Regulatory Affairs-Kollegen möglicherweise keine Spezialisten für diese Programme sind und die Leitfäden der Gesundheitsbehörden oft nicht sehr detailliert sind, müssen Sie sich möglicherweise direkt an die Behörde wenden, um Rat zu erhalten, obwohl die Antwort auch davon abhängen kann, wer in der Behörde Ihre Frage beantwortet! Das soll heißen, dass die Mitarbeiter der Behörde die genauen Anforderungen möglicherweise genauso wenig kennen wie wir. Immerhin teilen sie das gemeinsame Ziel mit uns, schwer kranken Patienten so schnell und sicher wie möglich qualitativ hochwertige, innovative Arzneimittel zur Verfügung zu stellen.

Eine genauere Analyse der Daten aus der Umfrage zeigt, dass die Named Patient Use-Optionen weniger häufig die Einreichung von CMC-Daten erfordern als die weiter gefassten Compassionate Use-Programme. Dies ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass bei ersteren die Verantwortung des behandelnden Arztes stark betont wird.

Welche medizinischen Aspekte sind für die QP-Freigabe wichtig?

Die folgende Grafik fasst die Antworten auf die Frage in der Umfrage nach den medizinischen Aspekten zusammen, die für die QP-Freigabe als wichtig erachtet werden.

Ähnlich wie bei den Prüfpräparaten und wie im obigen Abschnitt über den Qualitätsrahmen beschrieben, kann für Managed Access-Medikation ein zweistufiger Freigabeprozess ins Auge gefasst werden, der die Freigabeaktivitäten der QP umfasst, die sich in erster Linie auf die Einhaltung der GMP- und CMC-Anforderungen (falls zutreffend) konzentrieren, sowie die Aktivitäten des Sponsors, wie z. B. Einreichungen bei Gesundheitsbehörden und Ethikkommissionen und Genehmigungen (falls erforderlich). Die medizinischen Aspekte werden im Allgemeinen durch diese Sponsor-Aktivitäten abgedeckt, und so antworteten 22/40 Befragte entweder mit "Keine" auf diese Frage oder gaben an, dass "andere Qualitätssysteme" sicherstellen, dass diese Anforderungen erfüllt werden. Weitere sechs gaben an, dass andere Qualitätssysteme den Großteil der Anforderungen abdecken. Die häufigsten medizinischen Aspekte für die Betrachtung durch die QP waren "Medizinische Genehmigung des Programms oder des Patienten verfügbar" und/ oder dass die Initiative zur Behandlung vom Arzt ausgeht (unsolicited request - unaufgeforderte Anfrage - ohne aktive Werbung). Beide Anforderungen können miteinander verbunden sein, denn ein medizinisches Team des Unternehmens wird Anfragen nur genehmigen, wenn es diese unaufgefordert erhalten hat.

Beachten Sie, dass die Rechtsgrundlage für Compassionate Use-Programme (Artikel 83 der Verordnung 726/2004) keine unaufgeforderten Anfragen verlangt. Dies steht im Gegensatz zur Rechtsgrundlage für den Zugang für "Named Patient" "Benannte Patienten" (Artikel 5 der Richtlinie 2001/83/EG), die besagt:

"Ein Mitgliedstaat kann gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen in besonderen Bedarfsfällen Arzneimittel von den Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie ausnehmen, die auf eine nach Treu und Glauben aufgegebene Bestellung, für die nicht geworben wurde, geliefert werden und die nach den Angaben eines zugelassenen praktizierenden Arztes hergestellt werden und zur Verabreichung an dessen eigene Patienten unter seiner unmittelbaren persönlichen Verantwortung bestimmt sind."

"Besonderer Bedarfsfall" scheint in diesem Zusammenhang Patienten gemäß Artikel 83 der Verordnung 726/2004 zu umfassen, "die an einer zu Invalidität führenden chronischen oder schweren Krankheit leiden oder deren Krankheit als lebensbedrohend gilt und die mit einem genehmigten Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können.". Darüber hinaus schließt "Besonderer Bedarfsfall" auch kundenspezifische Formulierungen ein, wie sie von britischen Herstellern mit "Specials"-Lizenz abgedeckt werden (die als Äquivalent zu US-amerikanischen Compounding-Apotheken angesehen werden können).

Wenn also Hersteller unaufgeforderte Anfragen für Compassionate Use- Lieferungen verlangen, kann dies ein Ausdruck der allgemeinen Verwirrung der Terminologie und des Fehlens einer harmonisierten Regelung in diesem Bereich sein.

Dies wird im Allgemeinen als außerhalb des Geltungsbereichs der QP betrachtet, aber nicht des umfassenderen Qualitäts-/ Compliance-Systems des Unternehmens.

Wie an anderer Stelle in diesem Artikel beschrieben, gibt es Unterschiede darin, was die QP als angemessen für die Überprüfung erachtet (oder an andere Mitarbeiter der Qualitätsorganisation delegiert). Eine Antwort aus Deutschland fasst dies (für Named Patient Use - "Individueller Heilversuch") treffend zusammen: "Es gibt eine Tendenz, dass QPs mehr prüfen als bei einem Compassionate Use-Programm. Firmenverfahren und QP-Delegationsprinzipien variieren. Medizinische Aspekte werden primär im Rahmen anderer QS geprüft."

Obwohl eine Reihe von Befragten angegeben haben "der medizinische Zustand ist ernst, lebensbedrohlich, es gibt keine anderen Behandlungsmöglichkeiten" oder "positives Risiko- Nutzen- Verhältnis", ist es nicht offensichtlich, wie die QP in der Lage ist, diese zu bewerten, anstatt sich auf andere Teile der Qualitätssysteme des Unternehmens zu verlassen. Es liegt auf der Hand, dass jede Gesundheitsbehörde, die diese Programme überprüft oder die individuelle Anwendung für Patienten genehmigt, diese Aspekte berücksichtigen wird. Wir können spekulieren, dass die Antworten kleinerer Organisationen sich eher auf eine umfassendere QP-Überprüfung konzentrieren, als sich auf andere Systeme zu verlassen. Aber es gibt nicht genug Daten, um Schlussfolgerungen zu ziehen. Möglicherweise spiegeln die Unterschiede auch nur unterschiedliche Interpretationen der gestellten Frage wider.

Was definiert das Ende des Programms?

Das Konzept des Managed Access beinhaltet die Voraussetzung, dass es keine anderen geeigneten Behandlungsmöglichkeiten gibt. Offensichtlich ist diese Bedingung nicht mehr erfüllt, wenn das Produkt kommerziell verfügbar wird. Daher sollte die Erwartung sein, dass ein solcher Managed Access mit der kommerziellen Verfügbarkeit enden sollte.

In Wirklichkeit ist die Situation viel komplizierter: Zunächst müssen wir definieren, was wir mit "Ende des Programms" meinen.

Der erste Endpunkt wird durch den Zeitpunkt definiert, an dem die Aufnahme neuer Patienten beendet6 werden soll.

Aus Sicht einer QP sollten Sie sich auf den zweiten Endpunkt konzentrieren, d. h. darauf, wann die Behandlung bestehender Patienten beendet werden soll.

Warum ist das so? In der IMP-Welt wäre es ungewöhnlich, dass sich eine QP Gedanken über das Ende einer klinischen Studie macht - abgesehen von Überlegungen zur Archivierung. In der IMP-Welt ist das Ende der Studie eine typische Einreichungsanforderung7 und für alle teilnehmenden Länder der gleiche Zeitpunkt.

Bei Managed Access variiert die Bedingung für das Ende der Behandlung je nach Land und Programm:
Diese Genehmigungen enden beispielsweise

  • nach einem bestimmten Zeitraum,
  • mit dem Tag der Marktzulassung,
  • mit der kommerziellen Verfügbarkeit,
  • mit der Kostenerstattung,
  • oder es gibt überhaupt keine Auflage, die Behandlung jemals zu beenden.

Bei einer zentralen Marktzulassung ist das Zulassungsdatum für alle EU-Länder gleich.

Die kommerzielle Verfügbarkeit wird jedoch von Land zu Land unterschiedlich sein, je nach Ihrer Produkteinführungsstrategie und der Verfügbarkeit in der Aufmachung des jeweiligen Landes. Die Kostenerstattung kann in einigen Ländern ab dem Tag der Marktzulassung erfolgen, in anderen Ländern erst mehrere Jahre später.

Schließlich gibt es Länder, die keinen Endpunkt bestimmter Managed Access-Konzepte gesetzlich definiert haben, in denen, wenn andere Erwägungen dies nicht verbieten würden, dieser Managed Access immer weitergehen könnte.

Dies könnte zu folgender Situation führen: Sie als zertifizierende QP erhalten eine Charge eines Managed Access-Arzneimittels sechs Monate nach der EMA-Zulassung des betreffenden kommerziellen Produkts. Diese Charge ist für bestimmte Länder, in denen die Genehmigung des betreffenden Managed Access-Konzepts abgelaufen ist, nicht zertifizierbar. Für andere Länder dagegen können sie noch freigeben. Für welche, entnehmen Sie bitte unserer Anforderungsübersicht auf der EQPA Homepage3.

Eine grafische Darstellung der Bedingungen, wann die Behandlung bestehender Patienten zu beenden ist, finden Sie in der folgenden Abbildung:

In den meisten Fällen definiert die kommerzielle Verfügbarkeit das Ende der Freigabefähigkeit von Managed Access-Arzneimitteln.

Die Freigabe, die auf der Bestätigung der Übereinstimmung mit einer behördlichen Genehmigung basiert - die Regulatory Release oder Sponsor Release8 - kann bei anderen Funktionen als der QP liegen. An dieser Stelle möchten wir nicht weiter darüber diskutieren, ob die regulatorische Freigabe bei der QP liegen sollte oder nicht.

In jedem Fall müssen Systeme vorhanden sein, die dafür sorgen, dass die Behandlung von Patienten bei Vorliegen der besprochenen Voraussetzungen eingestellt wird.

Diese Diskussion weist auch auf die Notwendigkeit hin, die Aufgabenverteilung zwischen den beteiligten Parteien, z. B. Medical Affairs, Regulatory Affairs und der QP, in einer Vereinbarung (ähnlich der Hersteller-Sponsor-Vereinbarung) oder in unternehmensinternen Abläufen zu definieren.

Welche Kennzeichnungsvorschriften sind anzuwenden?

Die Kennzeichnung von Arzneimitteln muss den Anforderungen der Richtlinie 2001/83/EG Artikel 54-69 entsprechen. Jedoch erstreckt sich diese gesetzliche Anforderung nicht auf nicht zugelassene Arzneimittel.

Für 45 % der Managed Access-Konzepte in unserer Anforderungsübersicht3 gibt es besondere Kennzeichnungsanforderungen. Während spezifische Kennzeichnungsanforderungen typischerweise vorschreiben, dass die Beschriftung in der/den Landessprache(n) erfolgen muss, erlauben 50 % der beschriebenen Managed Access-Konzepte Kennzeichnungen in Englisch. Bei vier dieser 20 Konzepte ist Englisch die Landessprache. Die Anforderungen an die Kennzeichnung in der Landessprache können entfallen, wenn das Produkt nur in einem Krankenhaus verwendet wird.

Beispiele für Kennzeichnungsanforderungen sind: Belgien verweist auf Annex 13 als Kennzeichnungshinweis mit dem besonderen Hinweis "Compassionate Use - darf nicht verkauft werden"9.

Frankreich verlangt eine besondere Kennzeichnung für Cohort ATU. Interessant ist die Forderung nach der Angabe von "Bedingungen für die Verschreibung und Versorgung"10, also z. B. die Aussage, dass das Arzneimittel unter einer ATU und unter Aufsicht eines qualifizierten Arztes verwendet wird. Auf dem Etikett muss sogar die im Genehmigungsschreiben angegebene ATU-Nummer angegeben werden (was dann die Etikettierung und QP-Freigabe zu einer "critical path activity" macht).

Die Deutsche Arzneimittel-Härtefall-Verordnung11 (AMHV) schlägt eine Kennzeichnung vor, die der von Prüfpräparaten sehr ähnlich ist, jedoch mit einem spezifischen Hinweis zur Anwendung im Härtefall12. Interessant ist die Forderung nach einer Kennzeichnung des Verfallsdatums auf dem Primärbehältnis - Jahre vor dem Anhang VI der Clinical Trial Regulation13.

Die rumänische Gesetzgebung sieht vor, dass Etiketten entweder in der Landessprache, in Englisch oder in Französisch sein können.

Eine Anleitung für das UK-Specials-Programm findet sich in der British Pharmacopeia14.

Eine umfassende Zusammenfassung finden Sie in unserer Anforderungsübersicht3. Es sollte offensichtlich sein, dass die Kennzeichnung die Kenntnis und Anwendung der lokalen Anforderungen erfordert.

Erlaubt die Freigabe von Compassionate Use-Arzneimitteln mehr Spielraum für die risikobasierte Beurteilung?

Heterogene regulatorische Landschaften in den einzelnen Ländern definieren mehr oder weniger klar die Konzepte für die Bereitstellung von nicht zugelassenen/nicht vermarkteten Arzneimitteln für Managed Access.

In einigen Ländern gibt es mehr Spielraum für risikobasierte Beurteilungen im Vergleich zu einer klinischen Prüfung. In einigen Ländern ist nur eine Benachrichtigung erforderlich, anstatt eine CMC-Dokumentation oder einen Verweis auf einen CTA/ MAA-Antrag einzureichen. Dies ist oft innerhalb desselben Landes unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um ein Compassionate Use Programm oder Named Patient Use handelt (für Details siehe unsere Anforderungsübersicht3). In anderen Ländern kann es sich um ein Programm handeln, das einer klinischen Studie ähnelt, einschließlich Protokollen, CMC-Dokumentation usw. Einige Länder verlangen keine Produktkennzeichnung in der Landessprache und akzeptieren englisch gekennzeichnete Arzneimittel. Insgesamt scheint es mehr Spielraum für risikobasierte Beurteilungen zu geben, daher sollten Sie die Regeln verstehen, um zu wissen, wie Sie die Risiken abwägen können.

Welche Länder erlauben die/erlauben keine Anwendung von Named Patient Use?

Named Patient Use ist nur in einer Teilmenge der Länder möglich. In einigen ist er ausdrücklich in der Gesetzgebung vorgesehen. In einigen anderen Ländern wird dieses Konzept toleriert, obwohl es nicht gesetzlich definiert ist.

Das folgende Diagramm zeigt das Verhältnis der Konzepte "Named Patient Use" vs. "Compassionate Use Program" gemäß der Anforderungsübersicht3:

Es muss beachtet werden, dass Programme für eine Gruppe von Patienten typischerweise eine Einreichung und Genehmigung erfordern. Das bedeutet - wenn man den "Keine Einreichung"-Anteil zum "Named Patient"-Anteil hinzufügt - dass die "Named Patient"-Nutzung tatsächlich die Mehrheit ist. Länder, von denen wir wissen, dass Named Patient Use möglich ist, sind die Folgenden: Österreich, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Deutschland (siehe unten), Griechenland, Ungarn, Island, Irland, Italien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich.

Der deutsche Named Patient-Ansatz weist Besonderheiten auf: Die deutsche Gesetzgebung deckt nur Compassionate Use-Programme für Gruppen von Patienten8 ab, die als "Härtefall" bezeichnet werden.

In Fällen zwingender medizinischer Notwendigkeit kann jedoch auch in Deutschland der Named Patient Use oder "Individueller Heilversuch" in Betracht kommen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Die juristische Begründung des Individuellen Heilversuch-Experiments ist interessant. Sie verwendet einen Begriff aus dem Strafrecht, den "Rechtfertigenden Notstand" nach §34 Strafgesetzbuch (StGB)15.

Standardmäßig ist es rechtswidrig, ein Produkt freizugeben, das nicht im Rahmen einer Marktzulassung, einer klinischen Studie oder eines Compassionate Use-Programms genehmigt ist - als QP, die persönlich für solche Aktionen haftet, sollte dies die Messlatte hoch legen.

So besagt §34 StGB11 - vereinfacht -, dass eine Handlung zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben nicht als rechtswidrig angesehen werden darf.

Die Akzeptanz einer solchen Vorgehensweise variiert zwischen den zuständigen GMP- und GCP-Aufsichtsbehörden unterschiedlicher Bundesländer.

Daher ist es sehr empfehlenswert, Ihren geplanten Individuellen Heilversuch allen beteiligten Behörden transparent mitzuteilen. Die Minderheit wird eine solche Anfrage schriftlich bestätigen. Im Idealfall erhalten Sie eine schriftliche Antwort, dass der Individuelle Heilversuch geduldet wird.

Es wird dringend empfohlen, dass die QP Nachweise über bestimmte medizinische Aspekte zusammenstellt, z. B. die Begründung für die Behandlung dieses Patienten oder den Vertrag mit dem Arzt, um ihre Entscheidungsgründe zu dokumentieren.

Sie können dies in einem "rechtfertigenden Notstand" tun. Wenn immer möglich, sollten Sie sich für ein Härtefall-Programm entscheiden. Wenn Sie zwei Patienten haben (manche Inspektorate sagen drei Patienten), ist ein Programm die einzige Wahl.

Ist Managed Access mit einem Marktprodukt möglich?

Compassionate Use soll nicht zugelassene Arzneimittel für Patienten zugänglich machen und die Zeit bis zur kommerziellen Verfügbarkeit überbrücken. Dementsprechend könnte man erwarten, dass es keine Managed Access-Arten mit kommerziellen Arzneimitteln gibt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Kommerzielles Produkt in anderer Indikation

Während es in einigen Ländern verboten ist, ein zugelassenes Produkt für Compassionate Use abzugeben (z. B. Deutschland), ist es in anderen Ländern ausdrücklich erlaubt, wenn diese Arzneimittel für andere Indikationen zugelassen sind (z. B. BE, CZ, IE, IT, PL, PT, UK). Dies ist eigentlich "Off-Label-Use". Interessanterweise ist Off-Label-Use hier eine Untermenge der Compassionate Use-Regelungen.

In Italien ist beispielsweise der freie Zugang zu einer Arzneimitteltherapie erlaubt, bevor die italienische Arzneimittelbehörde ("AIFA") deren Vermarktung genehmigt oder, bei bereits zugelassenen Arzneimitteln, für andere Indikationen als die, für die das Arzneimittel in Italien zugelassen wurde (dieses Verfahren wird in Italien als Off-Label-Use bezeichnet).

Kommerzielles Produkt vor der Kostenerstattung

Mehrere Länder haben das Konzept der kommerziellen Verfügbarkeit eines Arzneimittels von der Verfügbarkeit zum Verkauf auf die Erschwinglichkeit für einen durchschnittlichen Patienten erweitert. Dies geht mit einer Kostenerstattung einher und kann deutlich später als die kommerzielle Verfügbarkeit sein. Die italienische Verordnung (D.M. 07.09.2017 - "Disciplina dell'uso terapeutico di medicinale sottoposto a sperimentazione clinica") besagt z. B. auch, dass Compassionate Use möglich ist für "Arzneimittel, die zugelassen, aber noch nicht verfügbar sind", z. B. ein Arzneimittel, das trotz der Zulassung nicht vermarktet wird.

Ein vorheriger Austausch mit der zuständigen Behörde ist anzuraten.

Produkt, das nicht zugelassen, aber in einem anderen Land im Handel erhältlich ist

Mehrere EU-Mitgliedsstaaten erlauben, dass Arzneimittel mit einer Zulassung in einem anderen Mitgliedsstaat (oder einem Drittland) von einer öffentlichen Apotheke oder einem Großhändler auf der Grundlage eines Rezepts eines Arztes importiert werden können.

In einigen Mitgliedsstaaten fällt dieses Konzept in die Kategorie "Compassionate Use":

Zum Beispiel in Irland: Ein Pharmaunternehmen kann beschließen, sein in der EU nicht zugelassenes Entwicklungsprodukt, das kürzlich in den USA zugelassen wurde, über seine lokale Tochtergesellschaft nach Irland zu importieren und es dem verschreibenden Arzt auf dessen Anforderung hin zur Behandlung eines bestimmten Patienten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Es ist lediglich eine Meldung an die Gesundheitsbehörde erforderlich, und diese kann nach dem Import erfolgen.

In anderen Ländern kann dies ganz anders sein - zum Beispiel in Deutschland:
Ärzte können natürlich ein Arzneimittel verschreiben, das in einem anderen Land zugelassen ist. Eine Apotheke kann dieses Produkt auf Basis dieses Rezepts importieren und es zur Verabreichung an einen Patienten verkaufen. Es handelt sich also nicht um Compassionate Use.

Das für Irland beschriebene Verfahren würde gegen deutsches Recht verstoßen. Die Einfuhr muss über eine Apotheke erfolgen (siehe AMG16 §47 Besondere Vertriebswege und §73 Verbot der Einführung). Die Transaktion darf nicht unentgeltlich sein (AMG §47).

Dies ist ein typisches Beispiel dafür, wie die Übertragung eines gesetzlich definierten Managed Access-Konzepts von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Sie in die Non-Compliance und in Schwierigkeiten bringen kann.

Managed Access mit einem im Marktprodukt - kann dies kostenlos sein?

Standardmäßig wird davon ausgegangen, dass Compassionate Use-Arzneimittel kostenlos zur Verfügung gestellt werden - im eigentlichen Sinne von "compassionate". Bei einigen Konzepten beinhaltet der Antrag eine formale Verpflichtung, das Arzneimittel bis zur Kostenerstattung kostenlos zur Verfügung zu stellen, in Einzelfällen sogar über eine mögliche Kostenerstattung hinaus.

Es gibt aber Ausnahmen, in denen Produkte, die in einem anderen Land kommerziell erhältlich sind, nicht kostenlos abgegeben werden dürfen. Gegebenenfalls ist sogar eine Kostenerstattung möglich.

In Dänemark dürfen selbst Entwicklungsprodukte im Rahmen eines Compassionate Use nicht kostenlos an einen Patienten abgegeben werden. Es kann ein minimaler, rein symbolischer Preis festgelegt werden.

Da das Thema Preisgestaltung typischerweise nicht das primäre Interesse einer QP ist, sind wir hier nicht ins Detail gegangen.

Studienfortsetzung / Zugang nach Studie

Es ist durchaus üblich, in einem klinischen Protokoll festzulegen, dass Patienten, die von einer Behandlung profitieren, nach dem Ende einer klinischen Studie mit dieser Behandlung weiter behandelt werden können. Dies bezieht sich speziell auf Studien mit einer "Open Label Extension". Dies erlaubt einer QP, das jeweilige Studienarzneimittel weiterhin freizugeben.

Darüber hinaus gibt es in einigen Ländern spezielle Managed Access-Konzepte, die es erlauben, die Behandlung von Patienten nach dem Ende einer klinischen Studie im Rahmen eines solchen Managed Access fortzusetzen: In Großbritannien wird dies als "Trial Continuation" bezeichnet. In unserer Anforderungsübersicht3 sind Polen und Portugal als Länder mit vergleichbaren Konzepten aufgeführt. Wir wissen aber, dass innerhalb der Autorengemeinschaft "Trial Continuation"-ähnliche Konzepte auch in CZ, ES, ET, FR, IT, NO betrieben werden (kein Anspruch auf Vollständigkeit).

Es ist schwierig, hier eine Grenze zu ziehen, denn selbst wenn die Gesetzgebung eines Landes das Konzept der "Trial Continuation" nicht vorsieht, können Patienten, die aus einer klinischen Studie ausscheiden, dennoch an einem Compassionate Use-Programm teilnehmen.

Dies ist z. B. in Deutschland der Fall: Hier können Sie in diesem Fall ein reguläres "Härtefallprogramm" beantragen.

Alternativ könnten Pharmaunternehmen es vorziehen, diese Patienten in eine weitere Studie einzuschließen, wenn eine solche Studie existiert und die Patienten die entsprechenden Einschlusskriterien erfüllen (z. B. Sicherheitsstudie).

Fazit

Die Tatsache, dass Sie diese Publikation immer noch lesen, lässt uns vermuten, dass Sie zu der kleinen Gruppe von Fachleuten gehören, die sich täglich durch das regulatorische Minenfeld namens Managed Access-Gesetzgebung kämpfen. Wir hoffen, dass wir Sie über die wichtigsten Fallstricke aufklären konnten.

Sicherlich können die Autoren einige Empfehlungen geben, um mit den beschriebenen Herausforderungen bestmöglich umzugehen:

  • Vergewissern Sie sich, dass Sie die entsprechenden Anforderungen für jedes Managed Access (Compassionate Use/Named Patient Use) Konzept in jedem Land kennen (das Lesen dieser Publikation war ein guter Anfang)
  • Definieren Sie Freigabeverfahren für Managed Access (Compassionate Use/Named Patient Use), die die Unterschiede zur Freigabe von IMPs berücksichtigen;
  • Stellen Sie sicher, dass alle für Ihre QP-Freigabe relevanten Behördengenehmigungen für Sie zugänglich sind;
  • Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie jemanden vor Ort die zuständigen Behörden kontaktieren und nachfragen;
  • Treffen Sie mit Ihren Kollegen aus Medical und Regulatory Affairs eine Vereinbarung, welche die Verantwortlichkeiten beider Seiten definiert und abgrenzt (analog einer Hersteller- Sponsor-Vereinbarung);
  • Stellen Sie sicher, dass andere QS-Systeme vorhanden und wirksam sind, die die nicht-pharmazeutischen Aspekte abdecken.

Es wird jedoch Zeiten geben, in denen Sie als QP die Compliance bestätigen, obwohl Sie sich eigentlich gar nicht so sicher sind. Außerdem wird es Momente geben, in denen Sie erkennen, dass Sie gerade in eine der oben beschriebenen Fallen getappt sind - verursacht durch den dramatischen Mangel an Konsistenz, gemeinsamer Terminologie und gemeinsamem Verständnis zwischen den Managed Access (Compassionate Use/Named Patient Use) Konzepten verschiedener Mitgliedsstaaten.

Wir stellen fest, dass es neben dieser Veröffentlichung und unserer Compassionate Use Anforderungsliste auf der EQPAWebsite3 bereits weitere Initiativen gibt:

  • Aus der Industrie: siehe z. B. die kürzliche Veröffentlichung im Regulatory Rapporteur17
  • Von Patientenorganisationen: EURORDIS bietet eine Plattform für Patienten, die an seltenen Krankheiten leiden und die unter https://www.eurordis.org/compassionate-useresources Compassionate Use abdecken
  • Von Behörden: Die HMA - Heads of Medicines Agencies - haben eine "Timely Access Subgroup"18 gegründet.

Wir schätzen besonders die große Reichweite der HMA-Initiative "Timely Access". Die EMA steht abseits mit der Aussage "Compassionate Use Programme werden von den Mitgliedsstaaten koordiniert und umgesetzt, die ihre eigenen Regeln und Verfahren festlegen"19.

So hat die HMA mehrere sehr interessante Artikel veröffentlicht, die z. B. ein Mapping der nationalen Rahmenwerke, Listen mit Anforderungen der nationalen Behörden, Abgrenzung zum Off-Label-Use und mehr20 enthalten.

Im Mandat der HMA heißt es: "Die HMA sollte die Flexibilitäten, die der EU-Rechtsrahmen für den frühen Zugang innovativer Produkte auf nationaler Ebene bietet, weiter ausloten".

"Die Möglichkeiten erforschen" ist das, was wir in dieser Publikation tun: erforschen, beschreiben, zusammenfassen und Schlussfolgerungen ziehen, wie man sich in der Situation am besten bewegt. An dieser Stelle muss unsere Bemühung enden. Von unseren Aufsichtsbehörden, der HMA und der EMA, fordern wir jedoch, weiter voranzuschreiten: Denn, diese "Flexibilitäten, die der EU-Rechtsrahmen bietet", sind ein regulatorischer Albtraum für diejenigen, die ihn einhalten müssen.

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Deshalb machen Sie nach der Beschreibung der Unterschiede bitte den nächsten Schritt: Harmonisieren Sie EU-weit! Harmonisieren Sie die Gesetzgebung für Compassionate Use, Named Patient Use und verwandte Managed Access Konzepte.

Machen Sie es für uns in der Industrie möglich, diese Gesetzgebung einzuhalten!

Wir, die Autoren, alle Qualified Persons, sind per definitionem am sensibelsten und aufgrund unserer persönlichen Haftung am meisten durch Nichteinhaltung und deren Folgen gefährdet. Bitte haben Sie daher Verständnis für unser Anliegen und die Dringlichkeit dieser Bitte.

Unser gemeinsames Interesse ist es, Patienten mit dem höchstmöglichem Bedarf innovative Arzneimittel zur Verfügung zu stellen, die einen signifikanten Einfluss auf das Überleben oder die Lebensqualität haben können. Und wir möchten dies nach definierten Regeln tun. 

Disclaimer

Diese Veröffentlichung soll als Leitfaden dienen. Die aufgeführten Anforderungen wurden mit Sorgfalt zusammengestellt und stellen den aktuellen Wissensstand und die persönliche Interpretation der Autoren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dar. Eine Garantie für die Übereinstimmung mit konkreten Behördenerwartungen wird ausdrücklich abgelehnt. Wenn Sie einen Kommentar abgeben möchten oder einen Fehler finden, freut sich die Autorengemeinschaft über Ihre Rückmeldung.

Die Autoren:
ECA IMP Group Task Force Compassionate Use Andreas Schwinn, Birgit Becker, Constantinos Kousoulos, Eveline Reininger, Karen Joosen, Karoliina Nurminen, Kerstin Thaele, Loretta Dougan, Louise Grundberg, Lucia Dalvit, Maria Krook, Pam Turner, Raffaele Misul, Renate Steurer, Sara Taglialatela, Scott Smith, Srikanth Sunkari, Tine Wentzel Bekker.

Fußnoten:
1 VERORDNUNG (EC) No 726/2004 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung eines European Medicines Agency, Official Journal der Europäischen Union, L 136/1, 30.04.2004
2 Annex 16: Zertifizierung durch eine Sachkundige Person und Chargenfreigabe, EudraLex Volume 4 EU Guidelines for Good Manufacturing Practice for Medicinal Products for Human and Veterinary Use, EUROPEAN COMMISSION DIRECTORATE-GENERAL FOR HEALTH AND FOOD SAFETY, Brussels, 12 October 2015
3 https://www.qp-association.eu/download_imp%2FCompassionate-Use-Landscape-Jan2021.xlsx
4 Soweit zutreffend - die kostenlose Bereitstellung ist eine Standardannahme, gilt aber nicht für alle Managed Access-Konzepte.
5 Produkte, die außerhalb der/s EU/EWR hergestellt wurden, können mit einer Großhandelserlaubnis (Wholesale Dealer's Authorisation, WDA) re-exportiert werden.
6 Die Möglichkeit, dass einige Managed Access-Konzepte den Einsatz kommerzieller Produkte in einer anderen Indikation explizit vorsehen, wird gesondert beschrieben.
7 Ausführliche Guidance zum Antrag auf Genehmigung einer klinischen Studie mit einem Humanarzneimittel bei den zuständigen Behörden, zur Mitteilung wesentlicher Änderungen und zur Erklärung des Endes der Studie (CT-1), (2010/C 82/01), Section 4.2.1.
8 Leitlinie zu den Verantwortlichkeiten des Sponsors in Bezug auf die Handhabung und den Versand von Prüfpräparaten zur Anwendung beim Menschen gemäß Good Clinical Practice and Good Manufacturing Practice, Draft, EMA/202679/2018, 26 April 2018.
9 Auf Niederländisch: "Uitsluitend voor Compassionate Use. Mag niet worden verkocht".
10 Hinweis für Antragsteller für das Inverkehrbringen einer vorübergehenden Zulassung zur Verwendung (Temporary Authorisation for Use (ATU)), Abschnitt 6.
11 Kennzeichnung des Arzneimittels, das einer Kohorte unterliegt ATU; ansm; July 2015; http://dev4-afssaps-marche2017.integra.fr/var/ansm_site/storage/original/application/cadfbcf9594614d59c8915670853a28b.pdf 11 Verordnung über das Inverkehrbringen von Arzneimitteln ohne Genehmigung oder ohne Zulassung in Härtefällen (Arzneimittel-Härtefall-Verordnung - AMHV), 14. Juli 2010.
12 "Dieses Arzneimittel wird ohne Genehmigung oder Zulassung im Rahmen eines Härtefallprogramms zur Verfügung gestellt".
13 VERORDNUNG (EU) No 536/2014 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. April 2014 über klinische Studien mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EC, Official Journal of the European Union, 27.05.2014.
14 Guidance ref 14 British Pharmacopeia Volume III-Formulated Preparations: General Monographs Unlicensed Medicines. British Pharmacopeia Band V - Ergänzende Kapitel - SC V Unlicensed Medicines.
15 Strafgesetzbuch (StGB) §34 - Rechtfertigender Notstand
"Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden."
16 AMG – Arzneimittelgesetz
17 Early access in the EU: a heterogeneous landscape with room for harmonisation; Delphine Wagner, Graeme Deuchar, Manon Dutouya, Xavier Luria, Philippe Motté, Gerry McGettigan; Regulatory Rapporteur, Vol. 17, N0 9, September 2020; www.topra.org.
18 HMA - Timely Access Subgroup https://www.hma.eu/528.html?&L=0
19 https://www.ema.europa.eu/en/human-regulatory/research-development/compassionate-use#compassionate-use-recommendations-section
20 HMA Wichtige Dokumente:
Compassionate Use program (in particular sources for information from national authorities) https://www.hma.eu/fileadmin/dateien/Human_Medicines/01-About_HMA/Working_Groups/Timely_Access/2020_04_Compassionate_use_program.pdf 
Mapping of national frameworks for Early Access Programmes https://www.hma.eu/fileadmin/dateien/Human_Medicines/01-About_HMA/Working_Groups/Timely_Access/2020_01_Timely_Access_SG_Mapping_of_national_frameworks_for_Eap_16_01.pdf
Proposals and further steps regarding off-label use in the European Union https://www.hma.eu/fileadmin/dateien/Human_Medicines/01-About_HMA/Working_Groups/Timely_Access/2020_01_Timely_Access_SG_Proposals_and_further_steps_regarding_off-label_use_16_01.pdf

 

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