Der neue Trend im GMP-Umfeld: Trending

    

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Während ein "Trend" die grundsätzliche Richtung zeigt, in die sich eine Situation ändert/entwickelt oder erwartet wird, geht es beim "Trending" eher um die Sammlung von Informationen mit dem Ziel, ein Muster (Trend) aus diesen Informationen zu erkennen und Vorhersagen für die Zukunft zu ermöglichen. Und genau darum ging es auch im Wesentlichen auf der diesjährigen European GMP Conference im Juni - zunächst in einem Beitrag von Dr. Franz Schönfeld von der Reguierung von Oberfranken.

Trending ist auch Teil des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, wie in ICH Q10 gefordert, und genauso Teil des ICH Q9 Qualitätsrisikomanagement-Prozesses, so Dr. Schönfeld.

Im regulatorischen Umfeld selbst wird Trending im Rahmen des risikobasierten Ansatzes bei Inspektionen verwendet. Er nannte folgende Dokumente/Initiativen diesbezüglich:

  • PIC/S PI Dokument PI 037-1
  • Compilaton of Community Procedures on Inspection and Exchange of Information "A model for Risk Based Plannings vor Inspections of Pharmaceutical Manufacturers"
  • Interim and pre-inspection compliance reports (MHRA)
  • Quality metrics programme der FDA und
  • in Deutschland werden auf Basis der letzten Inspektion Compliance Faktoren (CF 1-CF 3) vergeben.

Im EU GMP-Leitfaden Teil I und II wird Trending angesprochen. Das sind die Kapitel 1.10, Kapitel 6.7, 6.9, 6.16, 6.32, 6.35, Kapitel 8.19 (alle Teil I) und Kapitel 2.60 (Teil II). Aber aufgrund der Vielfalt der Trends sowie der Komplexität der Daten und der statistischen Tools gibt es keine detaillierten Empfehlungen oder Anleitungen von den Behörden, wie eine Trendanalyse durchzuführen ist. Selbst in der FDA Guidance on Investigation Out-of-Specification (OOS) Results wird ein "Out of Trend" nur in einer Fußnote erwähnt, so Dr. Schönfeld. Insofern gibt es nur sehr wenige behördliche Anforderungen. Auf die ging er dann allerdings ein.

Generell gelten natürlich auch für das Trending die allgemeinen GMP-Anforderungen aus dem Kapitel 4 (Dokumentation) des EU GMP Leitfadens Teil I. Das heißt es sollten allgemeine Vorgaben (Policy), Arbeitsanweisungen, Pläne und Berichte und die entsprechenden Protokolle zu Maßnahmen oder Ergebnissen, die sich aus einem Trending und OOT-Untersuchungen ergeben, vorhanden sein. Des Weiteren sind Trendanalysen statistische Hilfsmittel, die den gleichen Dokumentationsprinzipien wie alle anderen analytischen Prüfungen folgen: Demnach sind eine Spezifikation, ein Prüf-Plan und -Bericht erforderlich. Aber was sollte nun in einer solchen Spezifikation, dem Prüf-Plan und -Bericht stehen? Auch dazu lieferte Dr. Schönfeld die Antworten.

In der Spezifikation sollte u.a. beschrieben sein, welche Daten (z. B. Qualitätskennzahlen, KPIs) einer Trendanalyse zu unterziehen, welcher Trend (z. B. Drift zu den Spezifikationsgrenzen, gesteigerter Abbau im Rahmen von ongoing- Stabilitätsstudien, Prozessschwankungen) zu identifizieren und wie die Akzeptanzkriterien zu definieren sind. Als Beispiele für die Umsetzung von Prüfplänen zeigte er diverse Regelkarten ("Regression Control Chart", "Slope Control Chart", SPC unter Berücksichtigung von Western Electric Rules/Westinghouse Rules).

Für Dr. Schönfeld ist es wichtig, dass vernünftige Spezifikationen und Prüfpläne erarbeitet werden, damit sichergestellt ist, dass keine falschen Trends oder gar keine Trends entdeckt werden. Aus diesem Grund sollten im Rahmen von Trendanalysen auch statistische Tests angewendet werden, um auszuschließen, dass es sich bei einem vermeintlichen Trend um ein der natürlichen Variabilität von Messdaten geschuldetes Muster handelt. Hier nannte er beispielhaft den Wald-Wolfowitz-, Grubbs-, Shapiro-Wilk Kolmogorow-Smirnov- und Chi-Quadrat-Test, die jeweils unterschiedliche Empfindlichkeiten besitzen und mit deren Hilfe normalverteilte Daten identifiziert werden können.

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Im Bericht erwartet Dr. Schönfeld Aussagen, ob die analytischen Ergebnisse oder der Trend ( z. B. bei Stabilitätsprogrammen) innerhalb des erwarteten Bereiches liegen. Falls das nicht der Fall ist, sollte eine OOT-Untersuchung durchgeführt werden, in deren Verlauf mindestens die nachfolgenden Fragen zu klären sind:

  • Gibt es eine schriftliche Vorgehensweise, wie OOT-Ergebnisse bestätigt oder verworfen werden?
  • Gibt es eine zuordenbare Ursachenfindung, die zur Bestätigung oder dem Verwurf eines OOT-Ergebnisses betrachtet wird?
  • Sind CAPA-Maßnahmen aufgrund der Bestätigung oder dem Verwurf eines OOT-Ergebnisses notwendig?

Weitere wichtige Fragen, die im Bericht geklärt werden sollten sind:

  • Gibt es die Wahrscheinlichkeit eines OOS-Ergebnisses aufgrund eines Trends?
  • Gibt es Daten, denen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte?

Dr. Schönfeld versteht ein gutes Trending als Ausdruck eines tiefgreifenden Prozessverständnisses und somit auch als eine vertrauensbildende Maßnahme in das Qualitätsrisikomanagement des Herstellers. Des Weiteren senkt ein gutes Trending das Risiko von

  • einer Abweichung von der Zulassung
  • einer Einschränkung bzw. dem Verlust der GMP-Konformität
  • regulatorischen Eingriffen (Rückrufe, Entzug des GMP-Zertifikats)
  • und den damit verbundenen Gerichtskosten mit ungewissem Ausgang.

Aber auch die Vermeidung von Lieferengpässen bei gleichzeitiger Fokussierung auf weniger robuste Prozesse und Produkte können Vorteile eines Trendings sein.

Immer spannend sind "Findings" bei Inspektionen. Hierzu berichtete Dr. Schönfeld:

  • Nicht alle notwendigen Daten werden getrendet (z. B. keine kritischen IPC-Prüfungen)
  • Trending ist auf eine graphische Darstellung von Daten beschränkt
  • Trending wird ohne Berücksichtigung der zugrunde liegenden Datenmenge und der daraus resultierenden Unsicherheit des Ergebnisses durchgeführt (z. B. werden PQRs mit mindestens 3 Chargen durchgeführt)
  • Es gibt keine Spezifikation/Definition, was ein Trend ist
  • Der Spezifikation und/oder dem Prüfplan liegen keine statistischen Methoden zugrunde
  • Statistische Methoden werden nicht richtig angewendet (z. B. nur die 3-Sigma-Regel der Westinghouse Regeln wird angewendet)
  • Signifikant negative Trends werden der zuständigen Behörde nicht mitgeteilt, sondern nur die OOS-Ergebnisse (v.a. bei den fortlaufenden Stabilitätsstudien).

Im Gegenzug präsentiert Dr. Ingolf Stückrath, Head of Production, Sanofi-Aventis GmbH Trending im Rahmen der Stufe 3 des Prozessvalidierungslebenszykluses (Continued Process Verification).

Zu Beginn seines Vortrages zeichnete Dr. Stückrath den Weg, auf dem Six Sigma bei Sanofi Aventis implementiert wurde (2001-2005). Die Implementierung wurde 2005 sogar mit dem Six Sigma Exellence-Award von IQ honoriert. Als wirklich hilfreich nannte Dr. Stückrath die starke Strukturierung eines Six-Sigma-Projektes durch das DMAICModel:

  • Define: Was ist wichtig?
  • Measure: Was machen wir?
  • Analyze: Was stimmt nicht?
  • Improve: Was ist zu tun
  • Control: Wie können wir die Umsetzung garantieren?

Generell teilt Dr. Stückrath Prozesse im Rahmen einer Prozessanalyse in vier Bereiche ein. Laufen die Prozesse innerhalb (Cpk > 1) oder mit Verletzung der Spezifikationsgrenzen (Cpk < 1) ab und sind sie in statistischer Kontrolle oder nicht. Im Rahmen einer Fallstudie erläuterte er den Prozessvalidierungslebenszyklus und konzentrierte sich auf die Stufe 3 Continued Process Verification. Er zitierte die entsprechenden Passagen aus der FDA Process Validation Guidance, die explizit ein "ongoing" Programm sowie die statistische Auswertung bzgl. eines Trends der Daten fordert. Er stellte auch eine Inspektionsbeobachtung der kanadischen Überwachungsbehörde vor, in dem bemängelt wurde, dass Prozessdaten nicht statistisch unterstützt - einschließlich Konfidenzintervallen - getrendet wurden. Das Antwortschreiben sicherte dann für die Zukunft eine festgelegte Vorgehensweise zur Bewertung von Prozess- und IPK-Daten zu, mit der Trends rechtzeitig erkannt werden können, bevor es zu einem OOS-Ergebnis kommt. Dementsprechend wurde ein Projekt aufgesetzt. Über dieses Projekt berichtete Dr. Stückrath.

Im Rahmen des Projekts wurden folgende Fragen diskutiert:

  • Welche Daten sollen eigentlich bewertet werden? und
  • Welche Zielsetzung soll denn die Bewertung haben?

Soll die Vorgehensweise nur die Erwartungen der Behörde erfüllen oder ein Werkzeug sein, das wirklich hilft, den Prozess zu steuern? Folgende Daten könnten in ein Trending einbezogen werden:

  • Alle Daten, die als kritisch definiert sind
  • Nicht alle CMC-Daten
  • Kritische Prozessdaten

Weiterhin wurde im Projekt noch folgende Frage diskutiert: "Welche Analyse soll ausgewählt werden? Das könnte von einer Excel-basierenden Analyse bis hin zu einer umfangreichen statistischen Analyse mittels Statistiksoftware reichen.

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Ergebnis der Überlegungen?

Er stellte ein Entscheidungsbaum vor, mit dem jeweils IPK-Kontrollen sowie weitere kritische und speziell ausgewählte Prozessparameter von 30 Chargen retrospektiv alle 10 Chargen alternierend bewertet werden. Bewertungskriterien sind, ob Trends im Rahmen der statistischen Prozesskontrolle identifiziert werden konnten und ob der Prozess einen Cpk > 1 hat. Falls eines der beiden Kriterien "gerissen" wird, erfolgt das Ausfüllen eines Formblatts, auf dem die weitere Abarbeitung (z. B. Umgang mit singulären Ereignissen) dokumentiert wird. Die Auswertung der Daten bei Abweichungen erfolgt durch einen Prozessingenieur. Freigegeben wird das ausgefüllte Formblatt anschließend durch den Leiter der Herstellung und den Leiter QC. Dieses sehr pragmatische Vorgehen wurde von den Teilnehmern kritisch diskutiert.

Fazit:

Trending wird/ist ein Trend im GMP-Umfeld. Insbesondere im Validierungsumfeld besteht die Forderung nach statistischer Trendbewertung schon seit 2011 über die FDA Process Validiation Guidance für die Stufe 3 des Prozessvalidierungslebenszyklusses. Auch der revidierte Annex 15 fordert seit 1. Oktober 2015 Vergleichbares. Die Fehlerquellen beim Trending können mannigfach sein, wie Inspektionsergebnisse zeigen. Das reicht von der Nichteinbeziehung aller notwendigen Daten über die Nichtberücksichtigung von statistischen Methoden, bis zu deren falschen Anwendung.

Autor:
Sven Pommeranz
... CONCEPT HEIDELBERG

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