Fünf Jahre EU-GDP Guideline – eine Erfolgsgeschichte?

    

GMP/GDP – Fortbildung jederzeit!

Buchen Sie das gewünschte online GMP/GDP Seminar als Aufzeichnung aus unserer umfangreichen Datenbank. Klicken Sie hier für weitere Informationen.

   

Immer auf dem Laufenden mit unseren GMP-Newsletters

Concept Heidelberg bietet verschiedene kostenfreie GMP-Newsletter an, die Sie ganz nach persönlichem Bedarf abonnieren können.

Wir schreiben das Jahr 2018 und blicken somit auf fünf Jahre "Leitlinien vom 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (2013/C 343/01)", im folgenden kurz EU-GDP Guideline, zurück. Wenn man diese Zeitspanne Revue passieren lässt, kann man insgesamt sehr erfreuliche Entwicklungen beobachten. Somit steht mein Votum ganz klar fest: Die EU-GDP Guideline ist eine Erfolgsgeschichte. Eine Erfolgsgeschichte insbesondere für Patienten, denen der zusätzliche Gewinn an Arzneimittelsicherheit zu Gute kommt.

Kommerzielle GDP-Zertifikate - Live Webinar

Seminarempfehlung

Donnerstag, 12. Dezember 2024 10:00 - 12:00 Uhr

Kommerzielle GDP-Zertifikate - Live Webinar

EU-GDP Fertigarzneimittel: Review der letzten fünf Jahre (eigene Darstellung)

Phase 1 (2013 bis 2015)

Die erste Zeit nach Veröffentlichung und Inkraftsetzung der EU-GDP Guideline für Arzneimittel wurde dominiert von sehr unterschiedlichen, oft kontroversen Auslegungen. Die einen setzten auf das Pferd "risikobasiert", andere fühlten sich gar nicht angesprochen durch die Guideline, frei nach dem Motto: "Wir haben GMP, das ist doch schärfer als GDP" und wiederum andere hingegen versuchten, die GDP in ihren Unternehmen umzusetzen und sahen sich dann den Fragen der anderen ausgesetzt. Wenn wir nun die erste Gruppe betrachten, wägten sich diese unter dem Schutzschild des risikobasierten Ansatzes sicher, das eine oder andere so zu tun oder eben nicht zu tun. Dabei wurden oftmals Grundansätze ausgeblendet: Ein Qualitäts-Risikomanagement entbindet nämlich nicht von der Beachtung gesetzlicher Anforderungen, ist somit kein Persilschein:

"Der angemessene Einsatz des Qualitäts-Risikomanagements erleichtert häufig die Einhaltung von behördlichen Vorschriften, er entbindet die Industrie jedoch nicht von der Verpflichtung zu deren Einhaltung und ersetzt nicht die angemessene Kommunikation zwischen Industrie und Behörde."¹

Ein angemessen aufgebautes Qualitäts-Risikomanagement sollte als Chance verstanden werden und nicht als ein Overload.

Weit verbreitet war in der Phase 1 die Argumentation, GDP betriff t diejenigen nicht, die über ein GMP-Zertifikat verfügen. Hier gibt es aber kein entweder oder. Die Gültigkeitsbereiche von GMP und GDP markieren zwei unterschiedliche Momente in der Supply Chain:

 

Gültigkeitsbereiche auf einen Blick (eigene Darstellung)

 

Der GMP-Bereich deckt die Tätigkeitsbereiche der pharmazeutischen Hersteller ab, Schnittstellen zu dem GDP-Bereich finden sich im Lager und dem Warenausgang. GDP bestimmt dann die weitere Reise des Arzneimittels über die Großhändler bis hin zum Wareneingang in die Apotheke vor Ort. Aber auch in den Grenzbereichen sieht man deutlich, dass Maßnahmen ergriff en werden, um die Qualität gerade von temperaturlabilen Arzneimitteln nicht zu gefährden (Beispielsweise durch die Verpackung in kleine Kühltaschen). Richtig vermittelt, kann dieser zusätzliche Service ein effektives Mittel der Kundenanbindung sein, ein Aspekt, der im Apothekenbereich zunehmend wichtiger wird.

Phase 2 (2015 bis 2017)

Ab 2015 spürte man merklich die ersten Auswirkungen behördlicher Inspektionen, wobei natürlich deutlich betont werden muss, dass die behördlichen Inspektionen seit Inkrafttreten der EU-GDP Guideline im November 2013 auf dieser Grundlage hin erfolgten. Die Verunsicherung über die Implementierung der Guideline war spürbar. Und ganz getreu dem Motto, lieber 180 % als 100 % machten auch Extrempositionen die Runde. Ein schönes Beispiel findet sich bei der Festlegung von Transport-/Lagerbedingungen. Nur ein differenzierter Ansatz ist hier zielführend, bedeutet allerdings zuerst einmal einen höheren Aufwand, denn im Vorfeld muss produktspezifisch geklärt werden, welcher Temperaturkategorie ein Arzneimittel zugeteilt werden kann. Und da sind vor allem pharmazeutische Hersteller gefragt.

In Phase 2 standen der Nachweis der Geeignetheit von Equipment und Einrichtungen zunächst im Vordergrund. Läger wurden qualifiziert und mit Temperaturmonitoringsystemen ausgerüstet. Selbst bei solchen konkreten Aufgaben konnten sehr große Unterschiede in der praktischen Durchführung beobachtet werden (Inhalte des Qualifizierungsplans und Dokumentation der Ergebnisse in einem abschließenden Qualifizierungsbericht). Die Anforderung, Läger zu qualifizieren, stellte viele Logistikdienstleister erst einmal vor unbekannte Herausforderungen. Bald danach rückte der Transport an sich in den Mittelpunkt. Die Frage der Geeignetheit und Angemessenheit der eingesetzten Auslieferungsfahrzeuge prägten die kontroversen Diskussionen. So kamen die ersten Auslieferungsfahrzeuge mit Pharmaausbauten auf den Markt, manche davon von geringer Qualität. Hier bewahrheitet sich mal wieder der bekannte Ansatz: Qualität hat ihren Preis, setzt sich aber letztendlich durch. Ausbauten von minderer Qualität sind mittlerweile fast verschwunden. In dieser Übergangsphase gab es noch viele Eigenqualifizierungen. Ein einheitlicher und somit vergleichbarer Industriestandard war erst mit der Erarbeitung der DIN SPEC 91323:2016-03 "Klimatisierte Nutzfahrzeuge für die Distribution von Arzneimitteln (human und veterinär) - Leitlinien für die Qualifizierung" 2016 im Entstehen. Oft wurde die EU-GDP Guideline in dieser Phase fälschlicherweise auf die Aspekte Temperatur und Transport reduziert.

GMP-/GDP-Anforderungen an Lager und Transport (GDP 1) - Live Online Seminar

Seminarempfehlung

23./24. Januar 2025

GMP-/GDP-Anforderungen an Lager und Transport (GDP 1) - Live Online Seminar

Phase 3

Seit 2017 hat sich das Verständnis durchgesetzt, dass GDP weitaus mehr ist als nur Temperatur. Nun werden Lösungen für komplexe Fragen der Umsetzung gesucht, diskutiert und gefunden: Qualitäts-Risikomanagement, Transportverifizierung und Qualifizierung von Transportdienstleistern. Gerade bei der Qualifizierung von Transportdienstleistern stößt man immer wieder auf freie GDP-Konformitätsbescheinigungen, die oft fälschlicherweise als GDP-Zertifikat bezeichnet werden. Ein GDP-Zertifikat ist ein von einer Behörde ausgestelltes Zertifikat, das einem Großhändler mit einer Großhandelserlaubnis auf Basis des AMG § 52 dessen Konformität mit der EU Good Distribution Practice bescheinigt, in Analogie zu GMP-Zertifikaten. In diesem Zusammenhang wird aber oft ausgeblendet, von welcher Art einer Zertifizierung wir da sprechen. Nicht behördlich ausgestellte Zertifikate, freie Zertifikate entstammen dem nicht akkreditierten Bereich. Im akkreditierten Bereich wie ISO 9001:2016, aber auch IFS und TAPA werden Anforderungen an die Auditoren gestellt (Ausbildung, Zulassung, Trennung Beraterfunktion und Auditrolle) und die Audits erfolgen auf Grundlage eines standardisierten Fragenkatalogs. Diese klare Struktur und Einheitlichkeit ist den freien GDP-Zertifikaten meist noch fremd, es sei denn, die Zertifizierer und Beratungsunternehmen haben für sich selbst Standards vereinbart, wie sie im ISO-Bereich gefordert sind.

Ausblick

Auf meiner persönlichen Wunschliste für die Zukunft steht ziemlich weit oben: Überführung der freien GDP-Konformitätsbescheinigungen in einen akkreditierten Prozess und damit Stärkung der Aussagekraft und Akzeptanz dieser Zertifikate. Die ersten Schritte hierzu sind eingeleitet. Ebenso wäre der Ausbau von 3rd Party Audits gerade für pharmazeutische Unternehmen sehr wünschenswert, damit diese den immensen Zeit- und Kostenaufwand bei der Qualifizierung von Logistikdienstleistern reduzieren könnten. Aber auch für die Auditierten spricht einiges dafür: oft finden bei diesen mehrere Audits in der Woche statt und dafür muss Manpower bereitgestellt werden.

 

Autor:
Dr. Nicola Spiggelkötter
...ist selbstständige Unternehmensberaterin mit dem Schwerpunkt Pharmalogistik und Strategieberatung.

 

Fußnoten:
1 Anlage 3 zur Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit zu § 2 Nr. 3 der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung - AMWHV - vom 18. Juli 2008 (BAnz S. 2898).

Quellen:
"Leitlinien vom 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (2013/C 343/01)"

DIN SPEC 91323:2016-03 "Klimatisierte Nutzfahrzeuge für die Distribution von Arzneimitteln (human und veterinär) - Leitlinien für die Qualifizierung", 2016, Beuth Verlag

Anlage 3 zur Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit zu § 2 Nr. 3 der Arzneimittel- und Wirkstoff herstellungsverordnung - AMWHV - vom 18. Juli 2008 (BAnz S. 2898), Anhang 20 zum EG Leitfaden der Guten Herstellungspraxis, Qualitätsrisikomanagement

Zurück

To-Top
To-Bottom