GMP für APIs – ICH Q7 Training Week - Interviews
Ende 2021 fand die ICH Q7 Training Week, unterstützt durch den Vertreter der APIC Task Force "Third Party Manufacturing" Dr. Jens Brillault, als Live-Online-Veranstaltung statt.
Erstmals hat er sich zusammen mit Francois Vandeweyer, einem der langjährigen Referenten der ICH Q7 Training Week, bereit erklärt, in einem Interview die wichtigsten Fragen in Bezug auf die Compliance- und Auditorenkurse der Training Week zu beantworten.
Die beiden Compliance-Kurse "ICH Q7 Compliance for APIs Manufactured by Chemical Synthesis" und "ICH Q7 Compliance for APIs Manufactured by Cell Culture/Fermentation" beinhalteten Vorträge zu Compliance-Themen aus den Bereichen der chemischen und biotechnologischen Herstellung von pharmazeutischen Wirkstoffen (APIs) und informierten über die Themen GMP und rechtliche Anforderungen an pharmazeutische Wirkstoffe. Die erste Frage, die im Interview gestellt wurde, lautete daher "Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Punkte bei der Umsetzung der ICH Q7 Richtlinie?" Dr. Jens Brillault und Francois Vandeweyer gaben die folgenden Antworten:
- Brillault:
a) Neuerstellung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) nach ICH Q7: Die Leitlinien zeigen nur auf, welche Anforderungen gefordert sind, nicht wie sie umzusetzen sind. "How to do"-Dokumente oder Q&A-Dokumente, die von Behörden herausgegeben werden, können sehr hilfreich sein. Ich gehe davon aus, dass man ein solches System nicht ohne Unterstützung durch erfahrene Mitarbeiter (oder Berater) aufbauen kann.
b) Lebenszyklus des QMS: Jedes System muss dynamisch sein; andernfalls ist es schnell veraltet. Daher ist es wichtig, das QMS regelmäßig zu verbessern und an aktualisierte Vorschriften oder bewährte Verfahren der Branche anzupassen. Die Verwendung der neuesten APIC-Dokumente oder der Austausch mit anderen Unternehmen kann dabei helfen (z. B. in APIC-Arbeitsgruppen). Auch Schulungen/Seminare sind geeignet, um über Änderungen und Aktualisierungen informiert zu bleiben. - Vandeweyer:
Die richtige Qualitätskultur, unterstützt durch das Management, muss vorhanden sein. Die Umsetzung der ICH Q7-Anforderungen wird nur dann erfolgreich sein, wenn alle Abteilungen und alle Mitarbeiter den Qualitätsgedanken unterstützen.
Francois Vandeweyer |
Im Zusammenhang mit der ersten Frage und der Umsetzung der ICH Q7-Vorgaben fragten wir weiterhin "Was sind die häufigsten Probleme und Fehler bei der Umsetzung von ICH Q7?" Die Referenten antworteten wie folgt:
- Vandeweyer:
ICH Q7 sollte als Ganzes angesehen werden. Das heißt, wenn man jedes Kapitel einzeln liest und mit der Umsetzung beginnt, werden Probleme und Fehler auftreten. Wichtig ist, dass man den Zusammenhang zwischen den Kapiteln sieht und versteht. Als Beispiel: Die Umsetzung der Anforderungen des Kapitels "Dokumentation". Diese müssen sich in allen anderen Kapiteln widerspiegeln, Beispiele hierfür sind die Themenblöcke Rollen und Verantwortlichkeiten, Validierung, Anlagen, Labor, ...
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- Brillault:
Die Implementierung eines GMP-QMS kann nicht nur von der Qualitätsabteilung verwaltet werden. Das Verständnis und die Akzeptanz der GMP-Aspekte/Regeln muss über den gesamten Wirkstoffbetrieb verteilt sein. Das Prinzip der "Qualitätskultur" muss angewendet werden. Das bedeutet, dass jede Abteilung ihre Rolle im gesamten Herstellungsprozess verstehen und dass jede/r Einzelne seinen/ihren Beitrag zum Aufbau eines ausgereiften und gut funktionierenden QMS und damit zur Gewährleistung der Patientensicherheit verinnerlichen und akzeptieren muss.
Dr. Jens Brillault ... ist Quality Director bei CU Chemie Uetikon in Deutschland und aktiv in die Arbeit der APIC-Task Forces involviert. |
Da Francois Vandeweyer, ehemaliger Vertreter der APIC Task Force "Third Party Manufacturing", seit langem ein Referent der ICH Q7 Training Week ist, haben wir ihn zusätzlich gebeten, die folgende Frage zu beantworten: "Sie sind nun schon seit mehreren Jahren Teil der ICH Q7 Week. Welchen Nutzen hat der Kurs und sein Aufbau für die Teilnehmer?"
- Vandeweyer:
Die Kombination aus Informationen zu aktuellen ICH-Themen von erfahrenen Referenten und dem Soft Skills Auditorentraining ist ein einzigartiges Konzept. In Bezug auf die ICH-Themen konzentrieren sich die in den Kursen präsentierten Informationen auf "How to do it", "How to implement the ICH Q7" und "What to do"-Regeln. In Bezug auf die Auditorenschulung liegt der Schwerpunkt auf den "Soft Auditing Skills". In aktiven Rollenspielen wird der Umgang mit schwierigen Auditsituationen (redseliger Auditor - schweigsamer Auditor - wütender Auditor, ...) trainiert. Es wird deutlich werden, dass ein guter Auditor ein guter Zuhörer und ein guter Beobachter sein muss.
Auch diese ICH Q7 Training Week, die vom 22. bis 26. November 2021 stattfand, war wieder geprägt von den Fragen und Kommentaren der Teilnehmer, auf die die Referenten gerne eingingen und Lösungen vorschlugen. Um die Umsetzung der ICH Q7-Anforderungen zu unterstützen, erhielten alle Teilnehmer zudem die Neuauflage der Broschüre "ICH Q7 Side-by-Side Comparison", welche die Anforderungen des "ICH Q7 Guideline - GMP for Active Pharmaceutical Ingredients" mit dem "How to do"-Dokument - Interpretation des ICH-Q7-Leitfadens und dem "Review form" der APIC vergleicht, per Post zugeschickt - auch wenn wir uns 2021 nicht persönlich treffen konnten, so wollten wir diese langjährige Tradition nicht aufgeben.
Wie üblich folgte auf die Compliance-Kurse der ICH Q7 Auditorenkurs des APIC-Auditprogramms. Der Kurs zeichnete sich durch die große Beteiligung und Interaktivität der Teilnehmer und Referenten aus. Während der zwei Tage des Auditorenkurses standen nicht nur Umfragen, Vorträge und Fragerunden, sondern auch die Durchführung, Präsentation und anschließende Analyse von Rollenspielen im Mittelpunkt und gaben Aufschluss über den durch die Corona-Pandemie entstandenen neuen Audit-Alltag - remote und vor Ort.
Dr. Jens Brillault eröffnete als APIC-Vertreter den Kurs und gab einen detaillierten Überblick über das APIC-Auditprogramm und die Aktivitäten der APIC-Arbeitsgruppen. Die Anforderungen und Voraussetzungen, die die APIC an Auditoren stellt, wurden klar aufgelistet und erläutert.
Anschließend stellte Francois Vandeweyer konkrete Auditsituationen vor und zeigte, wie man sich auf diese vorbereiten kann. Anhand von Umfragen führte er die Teilnehmer durch die einzelnen Szenarien und half ihnen, Lösungen für bestimmte Probleme zu entwickeln.
Aufgrund der besonderen Situation, die durch die Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Veränderungen in der Pharmaindustrie entstand, war das Thema Remote Audits während der gesamten Auditorenschulung von großer Bedeutung und wurde in den Vorträgen nochmals ausführlich behandelt. Deshalb haben wir die Referenten gebeten, auf folgende Frage zu antworten: "Welche Aspekte sollten bei der Durchführung von Remote Audits besonders beachtet werden?"
- Brillault:
Planen Sie ein Vorbereitungstreffen ein und überprüfen Sie die IT-Systeme und kommunizieren Sie Dokumente, die während des Audits verfügbar sein sollten. Eine Aufteilung der Auditzeit auf mehrere Tage könnte sinnvoll sein (z. B. 2 Tage à 5 Stunden, statt eines Tages mit 8 Stunden). Dies ermöglicht dem Auditee, die angeforderten Dokumente vorzubereiten (sehr wichtig, wenn ein papiergestütztes System vorhanden ist). - Vandeweyer:
Vorbereiten, vorbereiten, vorbereiten!!!
Vorzugsweise: 1-2 Monate vor dem Audit - Der Auditor und der Qualitätsbeauftragte des Standorts sollten das Audit und die damit zusammenhängenden Dokumente besprechen (Fragebogen, Vor-Audit-Dokumentation, virtuelle Besichtigung des Standortes, Zeitzonenunterschiede, ggf. Einsatz von Übersetzern).
2-4 Wochen vor dem Audit: Zusätzliche Dokumente/Aufzeichnungen, falls erforderlich, und ein Test der virtuellen Plattform, die während des Audits verwendet werden soll, einschließlich Ausweichmöglichkeiten.
Dieses Feedback führte uns direkt zur nächsten Frage "Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Probleme und Fehler bei Remote Audits?", die wie folgt beantwortet wurde:
- Vandeweyer:
o Zeit ist der größte "Feind" eines Auditors, und zwar bei Remote-Audits noch mehr als bei vor Ort durchgeführten Audits.
o Berücksichtigen Sie bei Videokonferenzen kulturelle Unterschiede sowie mögliche Zeitverschiebungen.
o Folgendes sollten Sie beachten:
- Der Mangel an persönlicher Interaktion und die Körpersprache zu beobachten
- Ohne virtuelle Rundgänge können die Auditoren die Sauberkeit und Wartung von Anlagen und Geräten sowie die Betriebsabläufe nicht feststellen
- Kleine Standorte können nur einen Auditstream ermöglichen
- Technologie- und Konnektivitätsabhängigkeiten im Vorfeld testen - Brillault:
o IT-Probleme werden nicht im Vorfeld geprüft/gelöst.
o Instabile Internetverbindungen
o Einzelheiten der Standortbesichtigung werden nicht im Voraus geklärt (Bilder, Video oder Live-Streaming?)
Die letzte Frage bezog sich ebenfalls auf Remote Audits. Da dieses Thema von großem Interesse ist und von vielen Unternehmen erst noch eingeführt werden muss, wollten wir wissen: "Welche Ratschläge würden Sie einem Unternehmen geben, das gerade erst mit der Durchführung von Remote Audits beginnt?" Dr. Jens Brillault und Francois Vandeweyer gaben folgendes Feedback:
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- Brillault:
Beginnen Sie mit einer Risikobewertung zur Auswahl der Standorte/Unternehmen, bei denen ein Remote Audit überhaupt möglich wäre. Beginnen Sie mit einem Lieferanten mit niedriger Priorität, damit Sie Erfahrungen sammeln und Ihren Prozess/Auditstil verbessern können, bevor Sie ein kritisches Audit durchführen. - Vandeweyer:
Vermeiden Sie es, mit voraufgezeichneten Filmen oder Bildern aus dem Betrieb zu arbeiten. Besser ist es, auf virtuelle Werksführungen vorbereitet zu sein. Testen Sie unterstützende Systeme und stellen Sie sicher, dass eine Vertraulichkeitsvereinbarung vorliegt, bevor Sie Dokumente weitergeben. Bedenken Sie, dass Bildschirmfotos gemacht werden können. Am besten ist es, die Dokumente auf einem sicheren "Server" - einer "Cloud" - freizugeben, die für dieses Audit mit strenger Zugangskontrolle konzipiert wurde.
Auf die abschließende Frage- und Antwortrunde folgte die schriftliche Abschlussprüfung für einige der Teilnehmer, die eine Zertifizierung im Rahmen des APIC-Auditprogramms anstrebten, die traditionell den Abschluss der ICH Q7 Training Week bildet.
Hinweis: Die nächste ICH Q7 Training Week wird von 21. bis 25. November 2022 in Heidelberg stattfinden. Der diesjährige Auditorenkurs der ICH Q7-Woche wird wieder neue Aspekte des Auditierens - remote und vor Ort -aufzeigen - zum einen durch die Vorträge der Referenten und Fallstudien, zum anderen durch die von den Teilnehmern präsentierten Auditsituationen. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der "ICH Q7 Week"!
Über die Autorin:
Anne Theresa Günster
... wechselte 2019 zu CONCEPT HEIDELBERG und ist seither Fachbereichsleiterin für die Themen Wirkstoffherstellung, Regulatory Affairs, Dokumentation und Labordatenintegrität.