Neues aus dem GMP-Umfeld - Teil II

    

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In Teil I dieses Beitrags1 standen das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung sowie Änderungen in AMWHV und Arzneimittelhandelsverordnung im Zentrum. Was hat sich sonst im GMP-Umfeld getan?

Entwicklung des MRA

Das Mutual Recognition Agreement (MRA) mit den USA wurde 2018 um weitere Länder ergänzt: Tschechische Republik, Griechenland, Ungarn, Rumänien, Irland, Litauen, Portugal, Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Lettland. Im Februar 2019 wurden auch Slowenien und Polen anerkannt, im April folgten Zypern und Bulgarien. Deutschland ist also immer noch nicht Teil der Vereinbarung (Stand Mai 2019). Aber mit dem im oberen Abschnitt beschriebenen GSAV soll es zukünftig ermöglicht werden, "Interessenkonflikterklärungen" für Inspektoren von pharmazeutischen Herstellern und Mitarbeitern der Arzneimittelzulassung detailliert zu erfassen und zu veröffentlichen. Dies gibt es schon bei der EMA und wurde von der FDA eingefordert - ein Hauptgrund, warum Deutschland immer noch nicht von der FDA anerkannt wurde. Bis zum 15. Juli 2019 sollen alle Behörden bzw. Länder geprüft und anerkannt worden sein.

Keinerlei Inspektionen mehr?

Was einfach klingt, ist es nicht immer. So führt die FDA z.B. keine Routineinspektionen bei Herstellern von Prüfpräparaten durch. Nach Umsetzung der Delegierten Verordnung 2017/1569 ist die Herstellung von Prüfmustern in Drittländern zukünftig aber immer von den nationalen EU-Behörden zu inspizieren. Ob und in wie weit die EU-Behörden also trotz MRA in den USA Hersteller von Prüfpräparaten inspizieren, ist noch nicht klar (zurzeit gilt die Verordnung ja noch nicht).

Die FDA wird auch weiterhin in Ausnahmefällen zu Inspektionen in die EU reisen, u.a. im Rahmen von Zulassungsverfahren (sog. Pre-Approval Inspections). Dies wurde auch bei einer Konferenz der ECA im November 2018 deutlich, bei der Teilnehmer aus Spanien, Österreich und Dänemark von angekündigten Inspektionen in den Jahren 2018 und 2019 berichteten.

Was ist mit Audits durch den Hersteller?

Der Inhaber der Herstellungserlaubnis ist für eine angemessene Lieferantenqualifizierung verantwortlich. Audits werden also auch weiterhin ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses sein. Ein weiterer wesentlicher Teil der Lieferantenqualifizierung ist die Überprüfung der verfügbaren GMP-Zertifikate. Hier muss eine Sachkundige Person (QP) prüfen, was in Zukunft verfügbar sein wird. So plant die FDA, "cGMP Declarations" auszustellen, wenn eine EU-Behörde ein gültiges Zertifikat für pharmazeutische Produkte (Certificate of Pharmaceutical Product, CPP) nicht akzeptiert und eine zusätzliche Bestätigung des cGMP-Status einer Einrichtung wünscht.

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Zusätzliche Vorteile

Ist das Abkommen in Kraft, entfällt die zusätzliche Vollanalyse eines Arzneimittels aus den USA bei Import. Eine QP kann sich dann bei der Chargenzertifizierung auf die Freigabe-Dokumentation und die Entscheidung der US-Qualitätsorganisation berufen.

Weitere MRAs

Der Umfang des MRA mit Japan wurde am 17. Juli 2018 um Wirkstoff e (APIs), Biopharmaka und sterile Arzneimittel erweitert. Das MRA mit Canada wurde in das neue Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) integriert (gültig seit 21. September 2017) und bietet jetzt auch die Möglichkeit der gegenseitigen Anerkennung von Fremdinspektionen. Wobei die kanadischen Behörden sicherlich weniger in Drittstaaten inspizieren als die Vertreter der EU.

Die Rückkehr des FDA Quality Metrics Programms

Bereits 2015 startete die FDA eine Initiative zur Nutzung sogenannter Qualitätsmetriken für die Planung ihrer risikobasierten Inspektionen. Die FDA wünschte sich, dass nach deren Inkrafttreten Hersteller definierte Qualitätskennzahlen über ein elektronisches Portal übermitteln. Die "Quality Metrics Initiative" startete zunächst mit einer freiwilligen Phase, und ein überarbeiteter Leitlinienentwurf wurde im November 2016 veröffentlicht. Danach wurde es jedoch etwas still. Seitdem die Initiative ins Lebens gerufen wurde, gab es viele Bedenken seitens der Industrie; man fürchtete zusätzlichen Aufwand und Kosten. Erst im Sommer 2018 hat die FDA - auch unter Berücksichtigung der vielen Rückmeldungen - zwei aktualisierte Programme ins Leben gerufen: das "Quality Metrics Feedback Program" und das "Quality Metrics Site Visit Program". Beim "Quality Metrics Feedback Program" können Unternehmen in entsprechenden Sitzungen nun im Detail ihre aktuell genutzten (internen) Qualitätsmetriken beschreiben, inklusive der routinemäßigen Überprüfung der Qualitätskultur und deren Kontrolle durch das Management. Das "Site Visit Program" geht noch weiter, und die FDA wird dabei Betriebe vor Ort besuchen. Zweck sei es, den FDA-Mitarbeitern praktische Lernmöglichkeiten aus erster Hand zu geben und Firmen die Gelegenheit, ihre Systeme zu erklären.

Kommt es zu einem globalen Ansatz bei der Klassifizierung von GMP-Mängeln?

Die meisten Inspektoren bzw. Inspektorate klassifizieren die in Inspektionen gemachten Beobachtungen. In der EU wird z.B. ein harmonisiertes System für die Kategorisierung von Mängeln eingesetzt und ist allen Pharmaunternehmen wohl bekannt. Folgende Kategorien werden beschrieben:

  • Critical deficiency (kritischer Mangel)
  • Major deficiency (schwerwiegender Mangel)
  • Other deficiency (sonstiger Mangel)

Allerdings verwenden andere Aufsichtsbehörden - wie z.B. die US-amerikanische FDA - kein solches Klassifizierungssystem.

Im November 2018 hat das PIC/S Committee eine neue "Guidance on Classification of GMP Deficiencies (PI 040-1)" verabschiedet2. Diese wurde von der PIC/S Arbeitsgruppe zur Klassifizierung von Mängeln unter dem Vorsitz Australiens entwickelt. Nach ihrer Implementierung wird diese Guidance ein Dokument zur Unterstützung der risikobasierten Klassifizierung von GMP-Mängeln aus Inspektionen bieten, was auch eine verstärkte Einheitlichkeit unter den Behörden sicherstellen soll. Die Idee dahinter ist, einen "critical" von einem "major" Mangel unterscheiden zu können. Die Guidance ist seit 1. Januar 2019 in Kraft.

Die US-amerikanische FDA ist ebenfalls Mitglied der PIC/S und es bleibt interessant abzuwarten, ob sie dieses Verfahren annehmen wird. Eine Verpflichtung besteht jedenfalls nicht.

Revision Anhang 1 zum EU-GMP Leitlinien (Sterile Arzneimittel)

Am 20. Dezember 2017 wurde der langerwartete Entwurf des Anhang 1 veröff entlicht (Annex 1 "Manufacture of Sterile Medicinal Products; Targeted stakeholders consultation"). Über die geplanten Änderungen wurde auch im GMP Journal bereits umfassend informiert. Die finale Version steht derzeit noch aus und es kann noch einige Anpassungen geben. Die Kommentierungsfrist endete am 20. März 2018, und es gingen über 6000 Kommentare ein. Eine der umfassendsten Rückmeldungen kam hier von der ECA Task Force (31 Seiten). Neben Unklarheiten in einigen Details gibt es auch allgemein betrachtet Verbesserungsbedarf. So ist die Anpassung an andere Kapitel des EU-GMP Leitfadens Teil 1 nicht immer gelungen und es gibt viele unnötige Wiederholungen hierzu. Auch wurde das Glossar aus dem FDA Aseptic Guide einfach übernommen. Stellenweise hat das zu einer unklaren und widersprüchlichen Terminologie geführt; z.T. werden wichtige Begriff e im Glossar nicht beschrieben und es gibt Begriff e im Glossar, die im Text nicht vorkommen.

Andere Anhänge zu den EUGMP Leitlinien

Mit Inkrafttreten des neuen Leitfadens zu GMP für ATMPs hat die Europäische Kommission eine überarbeitete Version des Anhang 2 "Manufacture of Biological active substances and Medicinal Products for Human Use" veröffentlicht. Mit dem Inkrafttreten der neuen ATMP- Leitlinien war eine Überarbeitung des Anhang 2 notwendig geworden, um die ATMP-relevanten Teile zu entfernen bzw. anzupassen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch mehrere geringfügige Änderungen vorgenommen. Am 26. Juni 2018 trat der neue Anhang 2 in Kraft.

Anhang 17 ("Real Time Release Testing and Parametric Release", bislang nur "Parametric Release") wurde in seiner finalen Version am 26. Juni 2018 veröffentlicht und ist am 26. Dezember 2018 in Kraft getreten.

Die im neuen Anhang beschriebenen Ansätze gehen weit über das hinaus, was in der bisherigen Version Bestandteil war. Der neue Anhang umreißt die Anforderungen für die Anwendung des Real Time Release Testing (RTRT)-Ansatzes als Alternative zur routinemäßigen Endprodukt-Prüfung und gilt für Fertigarzneimittel, Wirkstoff e und Zwischenprodukte.

Wichtig ist, dass der RTRT-Ansatz in der Zulassung verankert sein muss und auf einer RTRT-Strategie basieren soll, inklusive einer Risikobewertung des gesamten Prozesses und der Identifizierung der kritischen Prozessparameter (CPPs) und kritischen Qualitätsparameter (CQA).

Die Zertifizierung durch die QP erfolgt dann auf Basis der Einhaltung relevanter Eigenschaften von Ausgangsmaterialien und der Einhaltung, Überwachung und Steuerung der definierten kritischen Prozessparameter als Ersatz für eine abschließende Produktprüfung. Der Real Time Release-Ansatz muss hierbei einen Notfallplan beinhalten, falls Sensoren oder Messgeräte ausfallen. Nicht akzeptiert wird die Durchführung von Endproduktanalytik, falls der RTR-Test-Ansatz unerwünschte oder nicht-konforme Ergebnisse geliefert hat. Endproduktanalytik kann aber unter bestimmten Umständen akzeptiert werden, z.B. bei Ausfall wichtiger Sensoren und Geräte. Wichtig ist auch, dass der Ansatz regelmäßig einer neuen Risikobewertung unterzogen wird ("continued assurance of product quality").

Der "Parametric Release" ist aber nicht ganz verschwunden. Ein Abschnitt beschreibt die Anwendung parametrischer Kriterien für die routinemäßige Freigabe von terminal im Endbehältnis sterilisierten Produkten durch Dampf, trockene Hitze oder ionisierende Strahlen. Voraussetzungen sind ein robustes "Sterility Assurance Program" sowie eine akzeptable GMP Compliance- Historie inklusive eines Bioburden Test als In-Prozess- Kontrolle für jede Charge.

Noch nicht veröffentlicht wurde der ganz neue Anhang 21 ("Importers of Medicinal Products"). Das "Concept Paper" wurde hier bereits am 13. Mai 2015 veröffentlicht (EMA/238299/2015), und die Konsultationsphase endete im August 2015. Dieser Anhang wird sich primär an Importeure richten. Er soll den Ort des physischen Imports des testenden und/oder freigebenden Standorts klären und bisher durch andere GMP-Regularien nicht abgedeckte Importaktivitäten regeln.

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Prüfpräparate

Bereits im Mai 2014 wurde eine Neuordnung der Vorgaben zu klinischen Prüfungen in der EU beschlossen. Auch hierzu wurde bereits umfassend berichtet.

Hinweisen möchte ich aber nochmals auf die detaillierte Leitlinien "… on Good Manufacturing Practice for Investigational Medicinal Products for human use, pursuant to the second subparagraph of Article 63(1) of Regulation (EU) No 536/2014", das Kerndokument für die GMP-Aspekte, welches den Anhang 13 zum EU-GMP Leitfaden ("Manufacture of Investigational Medicinal Products") ersetzen soll. Dieses 16-seitige Dokument wurde am 8. Dezember 2017 veröffentlicht.

Gut gelungen ist hier der Bezug zu anderen relevanten Kapiteln der EU-GMP Leitlinien, was Doppelungen und etwaige Widersprüche verhindert. Der Inhalt ist analog zum EU-GMP Leitfaden, Teil I aufgebaut:
1. Scope
2. Pharmaceutical Quality System
3. Personnel
4. Premises & Equipment
5. Documentation
6. Production
7. Quality Control
8. Release of Batches
9. Outsourced Operations
10. Complaints
11. Recalls & Returns

Das neue Dokument legt unter anderem die Verantwortlichkeiten der sachkundigen Person (Qualified Person, QP) in Bezug auf die Freigabe klinischer Prüfpräparate fest. Laut Kapitel 8 muss eine QP gemäß der Verordnung (EU) No 536/2014 (Verordnung für klinische Prüfungen, engl."Clinical Trials Regulation" = CTR) und des Anhang 16 des EU-GMP Leitfadens zertifizieren:
Die Freigabe klinischer Prüfmuster kann erst dann erfolgen, wenn die QP gemäß Artikel 62(1) der CTR geprüft hat, ob die Anforderungen von Artikel 63(1) und (3) der CTR und jene in Artikel 12 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1569 der Kommission erfüllt sind. Die Prüfung jeder einzelnen Charge und Zertifizierung durch die QP vor der Freigabe soll nach den im Anhang 16 beschriebenen Grundsätzen erfolgen.

Laut der Vorlage für die Chargenfreigabe dürfen Prüfpräparate bis Abschluss eines zweistufigen Freigabe- Verfahrens (QP und Sponsor wie beschrieben in der "Guideline on the responsibilities of the sponsor with regard to handling and shipping of investigational medicinal products for human use in accordance with Good Clinical Practice and Good Manufacturing Practice") nicht in klinischen Studien eingesetzt werden.

Der derzeitige Anhang 13 enthält detaillierte Anforderungen für die Kennzeichnung von klinischen Prüfpräparaten inklusive einer Zusammenfassung der Kennzeichnungsdetails in einer Tabelle. Diese Tabelle ist nicht in der Detailed Commission Guideline enthalten, und die Anforderungen für die Kennzeichnung wurden von GMP nach GCP verschoben und sind jetzt Teil der CTR.
Die neuen Leitlinien für Prüfpräparate enthalten des Weiteren neue bzw. überabeitete Regeln in folgenden Bereichen:

  • Anwendung des CAPA-Prinzips auch bei Prüfpräparaten
  • Stärkere Beachtung von Änderungskontrolle (Change Control) zur besseren Nachvollziehbarkeit von Änderungen bei Spezifikationen und in der Herstellung
  • Systeme zur Verhinderung von Kreuzkontamination
  • Vorgaben zu Umfang und Inhalt des Product Specification File (PSF)
  • Bessere Dokumentation von Entwicklungsschritten
  • Vorgaben zu Verblindung, Verpackung und Etikettierung

Der bestehende Anhang 13 ist allerdings weiterhin gültig. Die Detailed Commission Guidelines zu GMP für klinische Prüfmuster zur Anwendung am Menschen und die Vorlage für die IMP-Chargenfreigabe müssen erst dann angewendet werden, wenn die CTR gültig wird.

 

Autor:
Wolfgang Schmitt
... wechselte 2006 zu CONCEPT HEIDELBERG und ist seither Fachbereichsleiter für die Themen Qualitätssicherung, GMP und GDP.

 

Fußnoten:
1 Dieser Beitrag basiert auf dem Webinar GMP-Update im Dezember 2018. Eine Aufzeichnung dieses sowie weiterer Webinare finden Sie unter www.gmp-navigator.com/nav_webvid_liste.html
2 Quelle: PIC/S Pressemitteilung

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