Reinigungsvalidierung – Auswirkungen der geänderten EU-Richtlinien

    

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Im Laufe der letzten Jahre gab es verschiedene Änderungen im Eudralex EU-Leitfaden zur Guten Herstellungspraxis (EU GMP) und in den Arzneimittelrichtlinien. Der Grund für diese Überarbeitungen des EU-GMP Leitfadens ist die so genannte "Fälschungsrichtlinie" (Richtlinie 2011/62/EG). Das Ziel war die Anpassung der EU-GMP Richtlinien und Leitfäden, so dass diese den neuen Herstellungstechnologien Rechnung tragen und das Abgleichen des EU-GMP Leitfadens mit anderen europäischen (EMA) und internationalen (FDA, ICH) Leitfäden.

Die Vermeidung von Kreuzkontaminationen war eines der Themen, die im Mittelpunkt einer der letzten Aktualisierungen des EU-GMP Leitfadens standen. Kreuzkontaminationen waren laut der britischen Medicines Healthcare and Products Regulatory Agency (MHRA) von 2011 bis 2013 auch unter den zehn am häufigsten "beobachteten Mängeln"¹;². Eine belastbare Reinigungsvalidierung und das Festlegen gesundheitsorientierter Expositionsgrenzen wurden als wirksame Methoden für die Vermeidung von Kreuzkontaminationen identifiziert. Das hat dazu geführt, dass bei den Aktualisierungen des EU-GMP Leitfadens neue Anforderungen in Bezug auf diese Themen hinzugefügt wurden.

Neue Anforderungen an die Reinigungsvalidierung

Die folgenden Dokumente erläutern die neuen Anforderungen an die Reinigungsvalidierung:
  • Die EMA hat ihre Leitlinie "für die Festlegung gesundheitsorientierter Expositionsgrenzen..." ("on setting health based exposure limits…) überarbeitet. Sie ist seit Juni 2015 anzuwenden³. Höchstmengen für Rückstände von Wirkstoffen oder Reinigungsmitteln (Maximum Acceptable Carry Over - MACO) müssen über gesundheitsorientierte Expositionsgrenzen unter Verwendung der Permitted Daily Exposure (PDE) bewertet werden. Der PDE-Wert stellt eine stoffspezifische Dosis dar, bis zu der Wirkungen für eine Person unwahrscheinlich sind, die dieser Dosis jeden Tag ihres Lebens ausgesetzt ist. Dieser Wert wird unter Verwendung des NOAEL (No Observed Adverse Effect Level), des Körpergewichts und von fünf Sicherheitsfaktoren berechnet, wie beispielsweise toxikologischen und pharmakologischen klinischen oder nicht klinischen Daten. Der PDE-Wert muss dabei von einem erfahrenen Toxikologen bewertet werden. Sofern NOAEL-Daten nicht bestimmt werden konnten4 wäre es auch akzeptabel, das Lowest Observable Effect Level (LOEL) heranzuziehen. Schließlich müssen die toxikologischen Daten Teil der worst-case Bewertung bei der Produktbestimmung sein, sofern nicht bekannt ist, dass der Wirkstoffrückstand abgebaut wird und pharmakologisch oder toxikologisch inaktiv werden kann.
  • Anhang 15 des EU-GMP Leitfadens "Qualifizierung und Validierung", der seit Oktober 20155 anzuwenden ist, fordert, dass die Reinigungsvalidierung auf einem wissenschaftlichen und risikobasierten Ansatz beruht. Das führt dazu, dass das Kriterium "nur sichtbar sauber" nicht länger akzeptabel ist. Die Anzahl der benötigten Validierungsläufe kann durch eine begründete Risikobewertung festgelegt werden. Zum Nachweis einer gründlichen Reinigung sind durch eine kontinuierliche Überwachung (Monitoring) oder fortlaufende Verifizierung ausreichend Daten zu erheben. Die Frequenz der fortlaufenden Verifizierung wird durch die Risikobewertung hinsichtlich Qualität und Wirtschaftlichkeit bestimmt. Der Leitfaden fordert auch, dass der Grenzwert von Wirkstoffrückständen unter Verwendung toxikologischer Daten (gesundheitsorientierte Grenzwerte) berechnet wird. So sollte der worst-case Rückstand basierend auf der Löslichkeit, Reinigungsfähigkeit und Wirksamkeit bewertet werden - einschließlich einer toxikologischen Datenprüfung. Schließlich sollte im Fall eines unzureichenden Reinigungsprozesses eine dedizierte Ausrüstung in Betracht gezogen werden, um unterhalb des errechneten Grenzwerts zu bleiben.
  • Auch Kapitel 3 "Räumlichkeiten und Ausrüstung" und Kapitel 5 "Produktion" des EU-GMP Leitfadens wurden überarbeitet und sind seit 1. März 2015 anzuwenden. Die Dokumente legen den Schwerpunkt auf die Vermeidung einer Kreuzkontamination und auf eine toxikologische Bewertung6;7. Die Übergangsregelung für die Umsetzung der toxikologischen Bewertung unterscheidet sich von der in der EMA-Leitlinie vorgeschlagenen Regelung und ist strikter als diese. Folglich sollte eine Umsetzungsstrategie erarbeitet werden, um mögliche Mängel in Bezug auf den im Eudralex niedergelegten Zeitplan für die Umsetzung zu rechtfertigen.
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Auswirkungen der Änderungen der Festsetzung von Rückstandsgrenzen für Wirkstoffe

Zur Berechnung des MACO wurde die 1/1000 Methode der therapeutisch wirksamen Mindestdosis, die eine pharmakologische Wirkung (dosisbasiert) verursacht, verwendet8;9. Dieser Ansatz ist als der traditionelle Ansatz bekannt. Im Fall von toxischen Wirkstoff en oder für Verbindungen ohne dosisbasierte Daten, wird der MACO jedoch unter Heranziehung der oral verabreichten niedrigsten letalen Dosis bei Ratten (LD50) berechnet, z.B. bei Reinigungsmitteln. Basierend auf dem Verabreichungsweg des Produkts und/oder den Auswirkungen auf die Qualität des nachfolgend produzierten Produkts könnten auch andere Toxizitätsstudien herangezogen werden - wie die akute systemische und aquatische Toxizität sowie die Zytotoxizität usw. Außerdem wird ein Sicherheitsfaktor angewendet, der auf in der Industrie bewährten Verfahren beruht und der sich auf den Produkttyp und den Patienten bezieht. Schließlich wurden der empirische Grenzwert von 10 ppm und sichtbar sauber als Standard verwendet, wenn die 1/1000 Dosis oder die LD50 nicht bestimmt werden konnten oder zu einem unpraktikablen Wert führten.

Die neuen Vorgaben fordern, dass für die Berechnung des MACO auch gesundheitsorientierte Expositionsgrenzen herangezogen werden, die auf der Methode für die Festlegung der Permitted Daily Exposure (PDE) oder anderer wissenschaftlich begründeter Methoden basieren, wie in Anhang 3 von ICH Q3C (R4) und Anhang 3 von VICH GL 18 beschrieben³. Es ist bekannt, dass der PDE-Wert für eine bestimmte Verbindung je nach Toxikologen und Expositionsweg variieren kann. Ein weiterer Weg zur Berechnung der MACO wendet die Acceptable Daily Exposure (ADE) an. Dieser Wert ist definiert als eine Exposition oder Dosis, bei der gesundheitsschädliche Auswirkungen unwahrscheinlich sind, selbst wenn jemand bis zu dieser Dosis lebenslang täglich ausgesetzt wäre. Dabei ist der Expositionsweg (z. B. oral, dermal, Gewebekontakt) unerheblich10. Ähnlich der ADE umfasst auch die Bestimmung der PDE eine Gefährdungsermittlung durch Überprüfen aller maßgeblichen toxikologischen und pharmakologischen Daten, der Bestimmung des NOAEL und der Anwendung verschiedener Anpassungsfaktoren, um diversen Unsicherheiten Rechnung zu tragen. Danach könnte die ADE in Bezug auf jeden Expositionsweg als Äquivalent zur PDE angesehen werden, wenn ein Körpergewicht von 50 kg für einen Erwachsenen und von mindestens 1 kg für ein Tier herangezogen wird (siehe Tabelle 1).

Abhängig von dem Rückstand des Wirkstoffs von Tierarzneimitteln könnte der MACO-Grenzwert für Produkte, die für leichtgewichtige, kleine Tiere bestimmt sind, sehr niedrig sein. Also wäre der MACO-Grenzwert in einigen Fällen niedriger als die Nachweis- oder die Bestimmungsgrenze (LOD oder LOQ). Hier scheint dedizierte Ausrüstung die einfache Antwort zu sein. Das Festsetzen von Grenzwerten für Wirkstoffrückstände sollte demnach auf einem Verständnis der Prozessfähigkeit, der Ausrüstung, der Probenahmemethode, der LOD analytischer Methoden und sichtbarer Rückstandsgrenzwerte basieren. Ein risikobasierter Ansatz macht also einen Unterschied, wenn es um Arzneimittel für Tiere geht, die in die menschliche Nahrungskette gelangen. Der könnte dann einen höheren MACO-Grenzwert rechtfertigen, denn der PDE-Wert für Tiere sollte niedriger sein als der für Menschen. Andernfalls müsste eine dedizierte Ausrüstung verwendet werden. 

Als der worst-case Wirkstoffrückstand wird der Wirkstoff mit dem niedrigsten MACO-Wert angesehen (siehe Abbildung 1). Infolgedessen sollte im Fall von nicht dedizierter Ausrüstung eine erneute Reinigungsvalidierung (Revalidierung) durchgeführt werden, wenn der MACO basierend auf gesundheitsorientierten Grenzwerten niedriger ist als der festgesetzte Grenzwert. Für die Anzahl der Läufe ist eine risikobasierte Begründung erforderlich. Wenn die aktuell festgesetzten Grenzwerte jedoch niedriger sind als die gesundheitsorientierten Grenzwerte, sollte eine einfache Begründung belegen, dass der aktuell verwendete MACO für die Vermeidung einer Kreuzkontamination der sicherste ist.

Abb. 1: Reinigungsprogrammstrategie für das Festlegen von Akzeptantzkriterien Verwendete Literatur: EMA, 2014; ISPE, 2010; APIC 2014

Schließlich sollten die gesundheitsorientierten Grenzwerte generell höher sein als der traditionelle Ansatz oder der empirische Grenzwert. Dies könnte von Herstellern genutzt werden, um nach Ablauf der Frist der Leitlinie die Einführung einer PDE-Identifizierung zu rechtfertigen.

Schlussfolgerung

Die kürzlich erfolgten Änderungen im EU-GMP Leitfaden haben zu einer Überprüfung der Reinigungsvalidierungsprogramme und Reinigungsverfahren der Hersteller geführt. Folglich müssen sie die neuen regulatorischen Anforderungen verstehen, um die Lücke zu den aktuellen Reinigungsanforderungen angemessen zu bewerten. Und sie müssen sie in Reinigungs-Lebenszyklus- Programme integrieren. Darüber hinaus erwarten die Inspektoren, dass die von den Herstellern verwendeten Reinigungsgrenzwerte unter Nutzung eines risikobasierten Ansatzes begründet werden, um die Sicherheit für das Produkt und den Patienten nachzuweisen. Schließlich sollte die Festsetzung der Grenzwerte auf einem Verständnis der Prozessfähigkeit, der Ausrüstung, der Probenahmemethode, der analytischen Methode, den sichtbaren Rückstandsgrenzwerten und dem pharmakologischen/ toxikologischen Grenzwert basieren.

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Anmerkung: Teil II dieses Artikels, in dem Lösungen für häufig gestellte Fragen und für Herausforderungen vorgeschlagen werden, erscheint in der nächsten Ausgabe des GMP-Journals.

Autor:
Walid El Azab
... ist Technical Services Manager bei STERIS Life Science. Derzeit bietet er technische Unterstützung in Bezug auf Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel und Produkte zur Sicherstellung der Sterilität sowie ihrer Anwendung und Validierung an. Walid ist Industrieapotheker und Secretary der Belgium Qualified Person Association.

Literaturhinweise:
1 Medicines & Healthcare products Regulatory Agency (MHRA) top deficiency. Zugriff am 05. April 2015 unter: http://www.gmp-compliance.org/enews_03189_MHRA-publishes-GMP-Deficiency-Data-Review-April-2011---March-2012.html 
2 Medicines & Healthcare products Regulatory Agency (MHRA) top deficiency. Zugriff am 05. April 2015 unter: http://webarchive.nationalarchives.gov.uk/20141205150130/http://www.mhra.gov.uk/home/groups/pl-a/documents/websiteresources/con464241.pdf
3 European Medicines Agency (EMA), Guideline on setting health based exposure limits for use in risk identification in the manufacture of different medicinal products in shared facilities, November 2014.
4 Lai Yeo Lian, M. Ovais. (2008) Setting Cleaning Validation Acceptance Limits for Topical Formulations Pharmaceutical Technology, Band 32, Ausgabe 1.
5 Europäische Kommission, EU-GMP Leitfaden für Human- und Tierarzneimittel - Anhang 15, Qualifizierung und Validierung, 2015.
6 Europäische Kommission, EU-GMP Leitfaden für Human- und Tierarzneimittel - Kapitel 3, Räumlichkeiten und Ausrüstung, 2015.
7 Europäische Kommission, EU-GMP Leitfaden für Human- und Tierarzneimittel- Kapitel 5, Produktion, 2015.
8 Fourman, G., and Mullen, M., "Determining Cleaning Validation Acceptance Limits for Pharmaceutical Manufacturing Operations," Pharmaceutical Technology, April 1993.
9 Active Pharmaceutical Ingredients Committee (APIC), Guidance on Aspect of Cleaning Validation in Active Pharmaceutical Ingredient Plants, Mai 2014.
10 International Society for Pharmaceutical Engineering (ISPE), Risk-Based Manufacture of Pharmaceutical Products, September 2010.

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